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„Aufstiegstraum geplatzt im Märchenwald von Aue“

 

FC Erzgebirge Aue 2:1 (0:0) Eintracht Braunschweig
30.04.2010, 18.00 Uhr, Erzgebirge-Stadion (Aue), 15.000 Zuschauer

Es geht wieder los, die Aufstiegsnervösität: Die ganze Woche wurden im Kicker-Tabellenrechner wohl so ziemlich alle Konstellationen durchgespielt - wie müssen wir spielen wenn, das Leben wird zum Konjunktiv. Diverse Leute berichten von ihren Ritualen für den Spieltag ("mit dem Trikot haben wir noch nie verloren!!") und am Donnerstag wurde sich recht sinnfrei beim Grillen abgedichtet, ruhig schlafen kann eh keiner mehr. In Aue geht's um Alles und Punkt - auch wenn man im Grunde immer noch nicht begreifen kann, wie wir in diese Situation gekommen sind :-).

Nachdem sich am Vormittag mit den Schülern eine freie, jugendgerechte Intepretation von Georges Bizets "Carmen" im Haus III des Staatstheaters angeschaut wurde, ging es zunächst mit dem normalen Bus zu Pleite-Bonte, wo man in den nicht ganz so normalen Ballerbus umsattelte. Wer weiß, ob es das in der neuen Saison noch geben wird, Bonte steht ja mal wieder vor der Insolvenz und als hätte man es prophezeit war der Tank des Busses bei Übernahme auch schon halbleer (oder halbvoll, wie der Kassierer-Frontmann im Werbespot der APPD sagen würde :-)). Immerhin steht das Bonte-Gebäude noch (Stand 03.05.!) und nach einem etwas umständlichen Tankmanöver hieß es für uns mit Rocky am Steuer zügig Kurs gen Erzgebirge nehmen. Leider gelang das dann nicht ganz so gut, wie erhofft - das Wochenende warf am Freitagnachmittag seine Schatten voraus und so stockte der Verkehr gleich mehrfach. Ein herzliches "F_ckt euch!" geht hierbei nochmal an die Bauplaner von Sachsen, die gut und gerne fünf Kilometer lange Scheinbaustelle bei Leipzig ist eine schlichte Unverschämtheit. Eine Spur gesperrt nur leider kein Baufahrzeug (geschweige denn ein Straßenschaden) in Sicht, so bringt man dann auch den letzten Autofahrer zur Weißglut. Wir hatten dann irgendwann auch die Nase voll und so wurden auf den Landstraßen rund um Zeitz Meter gemacht, bis die Landschaft langsam bergiger wurde - Willkommen im Erzgebirge. Da man nun doch nur noch knapp 30-40 Minuten bis Anpfiff hatte, versuchte man sein Glück auf dem Gäste-Busparkplatz, auf dem auch trotz der Blau-Gelben Partyinvasion in Form von 13 Bussen auch noch genügend Platz vorhanden war. Doch kaum hatte man den Ballerbus abgeparkt, kam ein Ordner der Marke "Verstrahlt, verdammt, Vollidiot" und bekannte mit gewichtiger Miene, dass man doch das Feld bitte zu räumen hatte. Konnte man leider nur oral reagieren, raus musste man trotzdem. Also die dämliche Bundesstraße wieder unendlich lange zurückgegurkt und an den Straßenrand gestellt - so wie im Grunde jeder hier. Man weiß ja aus den Vorjahren, dass die Parksituation in Aue eine Katastrophe ist, dass aber trotz Zweitligazeiten zwischendurch nichts an dieser freien Interpretation des "Park and Ride"-Systems geändert wurde, ist wirklich eine Frechheit. Ich verlange ja nun wirklich keine Fantrennung oder solche Späße, aber das man im Grunde auf (!) einer gar nicht mal so wenig befahrenen Bundesstraße zum Ground latschen muss, nervt doch tierisch.

Die Stimmung also nun bestens gelaunt und entsprechend motiviert ging es in den Gästeblock. Halt, fast zumindest - am Eingang traf man noch einen Schüler, der dann doch etwas zwinkernd begrüßt wurde. Auch Rocky begrüßte den guten Herrn mit einem "Bist Du Koppelmeiers Freundin?" - ähm ja, tzz und wer war doch gleich unserer Fahrer?! :-)

Im Block war dann auch kurz von Anpfiff noch reichlich Platz, zumindest wenn man sich auch entsprechend in die Mitte postierte. Auf diesen Einfall kamen einige Mitgereiste leider auch die kommenden 90 Minuten nicht und verstopften so zielsicher den Eingang, naja Bier war eh alkoholfrei und dann gibt's diesmal halt keine Nudelpfanne. Ansonsten die Lücken durch das bisherige Fehlen von Cattiva erklärbar, die sollten erst kurz nach Anpfiff mit ihren zwei (?) Bussen nachkommen. Doch auch auf der Heimseite waren deutliche Lücken erkennbar - hatte man sich anfangs noch über die teilweise geöffneten Kassen gewundert, wurde man jetzt bestätigt: das Spiel war nicht ausverkauft! 15.000 Zuschauer wurden später über die Videoleinwand angegeben - zwar Saisonrekord für die Gastgeber, aber eine desolate Zahl, gemessen an der sportlichen Brisanz des Spiels. Aue kann vermutlich sogar mit einem Remis den Aufstieg klarmachen, für zählt im Grunde nur ein Sieg. Naja, vielleicht hat die Liveübertragung des MDR dann doch einige Leute zu Hause bleiben lassen, Lob in jedem Fall für den Mitteldeutschen Rundfunk bezüglich der Medienpräsenz. Bekommt der Partner aus Mindersachsen ja eher selten hin, aber das ist ja ohnehin bekannt.

Zum Intro gab's dann auf beiden Seiten nix, in Puncto Aue schon enttäuschend - wiegesagt, die eigentlich können aufsteigen! Bei uns versuchte Cattiva dann erst nach und nach mit den üblichen Fahnen, dem Gästeblock etwas Optik zu verleihen. Henning bekam diesmal aber leider entgegen der Erwartungen keine ab, obwohl im großen Wanderers-Bus wohl nahtlos an den kleinen Heidenheimvorgänger angeknüpft wurde :-). Ansonsten die Stimmung eher mau, die Szeneleute standen zu verteilt und irgendwie war man ja doch etwas nervös. Das ließ leider auch die Mannschaft durchblicken, die zwar zur Pause ein 0:0 verteidigte, das ein oder andere Mal aber schon etwas Glück benötigte. Etwas nervös reagierte auch der Ordungsdienst auf die vielfachen Zaunbesetzungen - nach und nach wurde das gute Stück dann aber von diversen Szenekategorien besetzt :-).

In der Halbzeitpause gingen dann die erwarteten Ergebnisgerüchte rum, "Jena liegt zurück und in Osnabrück steht das Spiel vor dem Abbruch" ließen einen dann ja doch irgendwie hoffen. Doch kaum waren neun Minuten im zweiten Durchgang gespielt, klingelte es ein erstes Mal im Tor von Petkovic - Hensel traf ein erstes Mal für Aue in dieser Saison und die "Veilchen" somit zunächst in Liga zwei. Erst Bengalen im heimischen Ultras-Block waren die Folge und Lieberknecht reagierte und brachte Morabit und Onuegbu. Das sorgte bei mir zwar zunächst für etwas Verwunderung, doch als Boland nach 65 Minuten einen wahren Hammer auspackte und den 1:1-Ausgleich erzielte, waren sowieso alle Zweifel verflogen. Eintracht spielte fortan dominant und war tatsächlich dem 2:1 näher, als die Auer selbst. Das honorierten die heimischen Fans mit andächtigem Schweigen, auch sonst war nicht nur die Masse, sondern auch die Lautstärke der Auer eine einzige Enttäuschung. Da nützten auch die schwarz-rot-goldenen Vuvuzelas der heimischen Jugend nicht viel - oh man, die Sachsen sind so.. naja lassen wir das, man soll ja nicht in Klischees denken.

Dummer Weise verpasste Morabit dann namentlich die absolute Big Point-Chance zum 2:1 und le Beau besorgte fünf Minuten vor dem Ende das 2:1 für Wismut nach einer völlig unnötigen Ecke. Schade, der Drops damit gelutscht und man sich selbst irgendwie um den Lohn gebracht. Die Heimseite nun dann doch wieder mit kleineren Lebenszeichen, doch Videowand wie Stadionsprecher untersagten neben dem drohenden Platzsturm auch das Besteigen der Zäune - Mittwoch steht ja schließlich noch das enorm wichtige U20-Testspiel gegen Tschechien an (gäähn). Glücklicher Weise ließen sich die Einheimischen davon dann doch nicht wirklich abhalten und mit Abpfiff füllte sich der Platz erwartungsgemäß zur großen Aufstiegsparty. Pluspunkt dabei die vereinzelten Fakeln, Minuspunkt die Gehirnakrobaten, die natürlich in ihrer typischsten Art zum Gästeblock Pöbeln kamen.. Peinlich hoch 120 und ihr seid sowieso alle radioaktiv ;-). Auf Braunschweiger Seite aber dann auch einzelne Zaunübersteigungen, welche das Fahnensortiment im Block um die Farben lila-weiß etwas erweiterten, jedoch im Grunde bis auf einzelne Scharmüzel mit den sächsischen Terrorpolizisten harmlos blieben. Sind ja nicht gerade die geborenen Mediatoren, die Men in Black der Polizei..

Man selbst hatte aber genug gesehen und verzog sich dann doch etwas deprimiert zum Ballerbus zurück. Insgesamt ist bleibt natürlich ein wenig Restenttäuschung, der Aufstieg war greifbar nahe. Doch letztlich überwiegt die Freude über die geniale Rückserie, wer hätte denn ernsthaft mit so einer Serie rechnen können? Wenn man sich ärgert, dann über die unnötigen Punktverluste gegen Sandhausen und Kiel, die dann wohl am Ende den Ausschlag gegeben haben. In Aue kann man verlieren, die steigen schließlich auch auf - aber waren sportlich nicht wirklich besser und das zählt und macht Mut für das neue Jahr. Das sahen dann im Grunde auch alle Busmitglieder so und entsprechend harmonisch gestaltete sich die Rückfahrt, welche Clemens und ich dann doch noch würdig beendeten, da sich "Jay Bee" leider schlafen gelegt hatte (O-Ton Clemente: "Meldung ans Cockpit: Jay Bee ist nicht mehr einsatzbereit, er ist eingeschlafen!). :-)

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