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„Alternativ in Dänemark“
Dänemark 2:2 (0:1) Deutschland
11.08.2010, 20.30 Uhr, Parken (Kopenhagn), 19.071 Zuschauer
Nach einer etwas umbequemen Nacht auf dem Boden des Stansteder Flughafens - wieso muss dieser Trottel auf seinem Putzwagen eigentlich immer genau durch mein "Bett" fahren?:-) - hieß es gegen fünf Uhr wieder aufstehen und langsam zum Gate schlendern. Tatsächlich
wurde ich zum ersten Mal seit Urzeiten bei der Securitykontrolle auch mal wieder rausgewunken, doch statt meine aus Prinzip nicht in Klarsichtfolie eingepackte Zahnpasta sicherzustellen, kümmerten sich die nette bewaffnete Dame nur um die Fotokamera. Die
war natürlich in keinster Weise für terroristische Zwecke missbrauchbar und somit
stand dem Abflug mit der Ryanair-Maschine gen Lübeck nichts mehr im Wege. Auf dem
Flug wurde noch etwas Schlaf nachgeholt und irgendwann nach acht Uhr Mitteleuropäischer
Zeit (mal wieder vor der geplanten Landezeit) setzte die blau-weiß-gelbe Boeing dann auf Schleswig-Holsteiner Boden auf.
Einen mögliche Regionalbahn zum Lübecker Hauptbahnhof wurde zwar verpasst, dafür
der Bus aber problemlos erreicht. Auch schön, so bekam man bei leicht diesigem
Wetter gleich nochmal eine kleine Stadtrundfahrt serviert und nachdem mit dem
Holstentor und die St. Petri-Kirche die beiden Wahrzeichen Lübecks passiert wurden,
erreichte der Bus dann auch den ZOB. Dort wurden beim Kiosk ein Kicker (mit
Regionalliga-Beilage!), ein Stück Pizza und eine übergroße Dose Holsten-Bier
geholt und damit bewaffnet konnte auf den Zug gewartet werden, der dann gegen kurz
nach zehn auch eintreffen sollte.
Bereits in der Vergangenheit hatte man die Vogelflugroute (Zug+Fähre) nach Kopenhagen mehrfach der
Autostrecke über die Belt-Brücken vorgezogen, es ist einfach schneller, bequemer und vorallem auch absolut preisgünstig, bei zeitnaher Buchung sogar billiger. Damit konnte ich unsere heutige Länderspielreisegruppe auch überzeugen und so war im ICE 33 dann großes Hallo-Sagen angesagt: Rocky und die beiden Wanderers Europapokal-Kalle und OnkelTom stellten neben mir die durchaus nette Reisegruppe gen Dänemark, für Kalle
sogar eine Länderpunktpremiere. Das wurde dann auch sogleich entsprechend gefeiert,
nachdem die Drei mir erst erzählen wollten, es gäbe kein Bier mehr, zauberte OnkelTom
seinen Rucksack hervor und die Reste seiner Hansa-Dosenbierpalette (wenn schon, denn schon :-)) fanden ihr schnelles Ende. Das regte natürlich auch die Blase an, heute
aber mal ein ganz guter Umstand, denn es gab ein logistisches Problem: Der Zug war
nicht nur wegen des Länderspiels natürlich rappelvoll und wir hatten auf Reservierungen
verzichtet. Es konnte zwar dennoch ein Vierer ergattert werden, nur war da genau
ein Fensterplatz besetzt (mehr dazu später). Es musste also fleißig im "Reise nach
Jerusalem"-Prinzip rotiert werden, immer der, der auf Toilette ging hatte erstmal
zu stehen. Erst als Puttgarden erreicht wurde, wurde dieser lustige Zyklus etwas
gesprengt, da wurde der gute Kalle leider erstmal durch wichtigtuerische Grenzbeamte
zur Personalienkontrolle gebeten. Okey, das "Action Sport"-Shirt war vielleicht auch
etwas auffällig, aber die Ausreise wurde trotzdem gestattet und mehr wollen wir ja
auch gar nicht. Da staunte auch eine relativ fette Nervkuh auf dem Nachbarvierer
nicht schlecht - nachdem die zuvor ihre anderen Mitsitzer gegen ihren Willen zugetextet
hatte, rückten wir nun langsam in ihren Fokus. Wo es denn hingehe - ja zum Fußball.
Wer denn spielen würde - ja, Dänemark gegen Deutschland. Ob denn in Dänemark gespielt
werden würde - ja, .. äh halt, was bitte? Nee klar, wir sitzen hier nur zum Spaß
im Zug nach Kopenhagen, das Spiel findet eigentlich in Stuttgart statt. Also manche
Leute gehen echt gar nicht, Kontaktaufnahme um des Laberns wegen.. Dass die Tante
dann natürlich nichtmal ein gültiges Ticket hatte, muss wohl nicht
groß erwähnt werden, Peinlichkeitsfaktor zehn. Glücklicher Weise
wurde der Zug langsam langsamer und nach einem kurzen Stop ging es für den mit
Dieselmotor betriebenden ICE langsam in den Bauch der Scandlines-Fähre. Hier
also Aussteigen und Flucht vor der Nervmaschine angesagt, wir entschieden uns
für das Backbord (oder Steuerbord, ach egal..) Deck und ließen uns den Wind durch
die Haare wehen (naja, zumindest Rocky und ich :-)). Wenig später gesellte sich
auch Hanno-Linke mit seinem Klubkollegen Helge dazu, so dass Rocky erstmal in ein
paar Fachgespräche verwickelt wurde, während ich lieber OnkelToms Familienurlaubsanekdoten lauschte und dabei natürlich irgendwie an die eigenen
Dänemark-Kindheitsurlaube erinnert wurde.
Nachdem die Fähre dann entsprechend Seemeilen gemacht hatte, wurden die Dutyfree-Schleusen geöffnet und ich machte mich mal an den Bierkauf, schließlich war ich
als einziger bisher ohne Munition. 11,95 Euro sollte die 24er Pallete Tuborg-Bier
kosten, das schmeckt mir sowieso ganz gut und für einen alten Olsenbandenfan ist
das natürlich sowieso Pflicht! Nach einer guten Fußballhalbzeit Fahrzeit war wieder
Aufsitzen im Zug angesagt und so fand man sich dann auch wieder im eroberten Vierer
ein - womit ich jetzt auch mal das Geheimnis um die vierte (bisher unbekannte)
Person lüften möchte: Armada hieß die nach eigenen Angaben 22 Jahre junge Schwedin,
die dann auch ungefähr so aussah, wie man sich eine 22 Jahre junge Schwedin so vorstellt.
Bisher hatte sich, weil wir ja nette Leute sind, noch keiner getraut, irgendwelche
Sprüche zu machen - in den Fokus brachte sich die Gute selbst, als sie heimlich
versuchte, von Kalle ein paar Erinnerungsfotos zu machen. Das wurde von mir als
altem Fotographen natürlich sofort entdeckt und somit war das Gespräch eröffnet - zumindest zwischen ihr und mir, Kalle und OnkelTom mussten in Sachen Englisch leider
passen und Rocky saß zwar neben der Göteborgerin, konnte jedoch bis auf die (zweifellos
aber nette) Frage "Beer?" nicht viel mehr herausbringen. Immerhin trank Armada
auch das Tuborg mit, auch wenn sie auf der Rückreise einer Kirchenveranstaltung
in Taizé war und eigentlich etwas frommer hätte daherkommen müssen. Naja gut,
die Zeit bis Kopenhagen verfolg so natürlich schnell und da Armada auch ihren
Anschlusszug gerade noch so erreichte, verfiel auch die Option, sie noch mit
zum Länderspiel zu nehmen - Jan Bauers Ticket wäre ja noch über gewesen :-).
Angekommen im Hauptbahnhof der dänischen Hauptstadt (das dritte Mal in diesem Jahr..)
wurden die wichtigsten Bedürfnisse eines Fußballfans im Ausland in chronologischer
Reihenfolge absolviert (Toilette, Geld wechseln, Sachen einschließen, S-Bahnticket kaufen) und weil man ja ein strammes Programm vor hatte, ging es direkt weiter mit
der "S-tog" in Richtung Albertslund. Wer dieses Tagebuch aufmerksam liest, der
weiß, dass sich dort das aus der Olsenbande bekannte dänische Staatsgefängnis
befindet und weil meine drei Mitfahrer da noch nicht waren, ging es also heute
wieder hin. Wurde auch alles auf Anhieb gefunden, auch wenn auch heute der direkte
Zugang zur Egon Olsen-Gedächnistür nicht möglich war. Für's Erinnerungsfoto musste
daher kurzerhand ein Verkehrsschild umgebaut werden - keine Angst, liebe dänischen
Behörden, wir haben das Ding schonwieder an seinen alten Platz zurückgestellt :-).
An der S-Bahnstation wurden dann die langsam zur neige gehenden Bierreserven wieder
aufgefüllt (Schnäppchenpreise!) und auch ein kleiner Döner zum Mittag eingeworfen, das
Kulturprogramm war ja schließlich noch nicht beendet. Dank unserer coolen "Klippekort"
waren wir in Sachen Schienennetz super flexibel, auch wenn natürlich keiner den genauen
Sinn der Stempellei verstand - da wir eh nicht kontrolliert wurden, auch egal. S-Bahnfahren ist in Kopenhagen sonst auch eine unter Umständen durchaus lustige Sache,
fälschlicher Weise setzten wir uns auf dem Rückweg in Richtung Bahnhof in ein "Ruheabteil", was aber erst bemerkt wurde, als es natürlich von allen Seiten böse Blicke gab. Okey, wir sind ja wiegesagt nette Leute und verhielten uns, von einzelnem Dosenzischen mal ab, ganz ruhig - doch schon das leichte Zisch-Geräusch brachte ein paar
älte Herren und Damen derart auf die Palme, dass dann halt doch gepöbelt werden musste.
Naja - wir haben's wenigstens versucht und dabei steht auf dem Schild doch auch "Shh" :-) (siehe Foto). Im Folgezug in Richtung Österport schoss
Rocky dann noch kurz den Vogel bzw besser gesagt den Hund ab - mit einem selbigen
verfiel der Fußballtourist leicht angeschwipst dann in eine ganz vielsagende Debatte,
die der Hund zwar nicht ganz verstand, Rocky inhaltlich aber wohl zufriedenstellte :-).
Der Østerport-Bahnhof ist die Station für alle die, die "Den lille Havfrue" (zu deutsch
auch die kleine Meerjungfrau) gerne mal in live sehen wollen. Dass dies heute aufgrund
des Exports der Statue zur Expo in Shanghai nicht möglich sein würde, wussten wir
zwar schon, hinfahren kann man aber ja trotzdem mal. Und nach kleinem (na gut - mittellangem) Spaziergang durch eine Militärakademie wurde die Uferpromenade auch erreicht und sich auf eine Bank
postiert - und siehe da, statt der echten Figur steht jetzt ein Bildschirm mit einem
Foto des Wahrzeichens dort. Immerhin etwas - wenn sich der Wettergott nicht genau jetzt für einen kleinen Platzregen entschieden hätte. Somit war Flucht unter einen Baum angesagt, soll man bei Gewitter ja eigentlich nicht machen, aber in Anbetracht unseres Sommeroutfits war es wohl die einzig logische Möglichkeit. Nachdem der gröbste Regen
vorbeigezogen war, ging es erneut zu Fuß zurück zum Österport und von dort erneut
zu Fuß weiter zum Stadion. Da wir alle nicht so recht den Plan hatten, wo man genau
hinmüsste, wurde sich halt durchgefragt und siehe da - nach gut dreißig Minuten
Fußmarsch war das Parkenstadion erreicht.
Vor Ort traf man dann - wie könnte es anders sein - ausgerechnet Ralfi, der sich
in Sachen Ticketbeschaffnung noch in höchster Sorge befand. Keine Panik, Ralfi,
das wird heute schon nicht ausverkauft. War es dann natürlich auch nicht ansatzweise,
unser Versuch, die über die den dänischen Verband DBU gekauften Karten vom Heim- in
den Gästesektor zu tauschen, scheiterte aber dennoch. Das war aber alleine aufgrund
der Preisspanne schon zu erwarten und somit ging's dann halt ab ins Innere des Grounds.
Das Parkenstadion hatte man vor ein paar Jahren bereits mit seinem eigentlichen Heimverein, dem FC Kopenhagen, besucht - seinerzeit war aber eine Hintertortribüne
noch im Umbau. Die Tribüne hatte man heute passender Weise direkt vor sich und auch
wenn die nach dem Umbau eher einem Hotel- und Bürokomplex á la Leverkusen ähnelt, sieht
das gute Stück schon recht imposant aus. Nicht ganz so imposant war hingegen die Resonanz auf das heutige Testspiel, der deutsche Gästeblock war genauso wenig
ausverkauft, wie das Stadion an sich. Am Ende 19.071 Zuschauer wurden offiziell
durchgegeben - eine Zahl, die so auch in Ordnung geht. Es ist halt einfach ein
dummer und sinnlos gewählter Zeitpunkt, den sich die FIFA da für diese Testspiele
überlegt hat - die Vereinsmannschaften stehen gerade mitten in der Vorbereitung
und die WM-Fahrer sind ohnehin noch geschlaucht von dem Turnier. Entsprechend kleingeredet wurde das Spiel im Vorfeld auch und so konnte man froh sein, wenigstens
einige bekannte Namen zu lesen. Der Däne Dennis Rommedahl bekam
beispielsweise für seinen 100. Einsatz im Nationaltrikot eine Ehrung überreicht
und auf deutscher Seite durfte Mario Gomez mal von Beginn an ran und am Ende
auch sogar durchspielen.
Viel erwartet wurde sportlich also nicht und nachdem wir (über-)fleißig den dänischen
Kassenrollenintro mitgemacht hatten, ging es dann auch los. Deutschland spielte
wiegesagt mit einer halben B-Mannschaft, übernahm dennoch überraschend das Zepter
und ging durch eben Gomez sogar nach 19 Minuten in Führung. Unser Jubel störte
im Heimbereich aber kaum jemanden, zu viele Sitze waren frei geblieben und die
Ordner kümmerten sich nur darum, dass auch ja keine Schuhe ihren Weg auf die Sitzlehnen
fanden. Der Kompromiss wurde eingegangen - womit das letzte Highlight der ersten
Hälfte auch schon erzählt wäre. Das Spiel war zwar nicht so unendlich schlecht,
aber doch halt irgendwie sinnlos und fielen einem um ein Haar wieder die Augen zu ;-).
Besser sollte es dann in der zweiten Hälfte werden: Zunächst gelang Patrick Helmes
nach 73 Minuten direkt vor unserer Nase das 2:0, ehe Jubilar Rommedahl nur eine Minute
später den unmittelbaren Anschlusstreffer erzielte. Da wurde das Spiel natürlich nochmal
spannend und Dänemark witterte bei Dauerregen seine Ausgleichschance. Und trotz unseres nun leichtem Supportes wurde rot-weiß stärker und kam drei Minuten vor Ende durch Junker zum 2:2-Ausgleich. Tim Wiese hatte im Tor zuvor fein gepatzt und sicherte dem Gastgeber damit das gar nicht mal so unverdiente Remis. Das gab dann sogar die Welle und für
mich ein kleines Eis zum Abschluss, ehe es ab in die Dunkelheit und mit der S-Bahn
zurück zum Hauptbahnhof gehen sollte.
Auch wenn bei den Wanderers nun leichte Müdigkeitserscheinungen vorherrschten - die
Nacht ist noch jung und wer so (wie wir :-)) kein Hostel gebucht hat, für den sollte
es jetzt ja erst richtig losgehen. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit hatte
ich auch dieses Mal das Christiania-Viertel für's Durchmachen auserwählt und zu Fuß
ging es da dann auch hin. Dummer Weise zog sich die Strecke vorbei an der schön beleuchteten Stubnitz dann doch mehr, als ich in Erinnerung hatte und somit
maulten die beiden Wanderer dann zunehmend rum (komisch eigentlich bei deren Namen :-)).
Und als Christiania dann endlich erreicht wurde, guckten sich Kalle und OnkelTom
kurz an um festzustellen, dass sie hier keinen Schritt weiter machen würden, das wäre
ihnen alles zu suspekt. Okey, meine Vorankündigung, Christiania wäre halt "alternativ"
war vielleicht etwas schwammig, aber gucken kann man doch mal? Das sah Rocky dann
genauso und während die beiden anderen wieder in Richtung Hauptbahnhof zurückwanderten,
vergnügten sich der Fussballtourist und ich doch ganz prächtig mit den Vorzügen
des bunten Stadtviertels, ehe es irgendwann bei Sonnenaufgang wieder zurück zum
Hauptbahnhof ging. Dort wurden unsere beiden Leidensgenossen dann dösend auf einer
Bank getroffen (leider war mein Fotoakku leer - ein Bild für die Götter!). Man
selbst konnte sich dank eines recht aufmüpfigen Wachmanns nicht dazulegen, der doch
glatt drohte, die Polizei zu rufen. Ja hallo? Zum einen haben wir ein Ticket und
zum Anderen sind wir (!) erst eben gekommen! Alles wegen des Aussehens, Kalle darf
da rumschlafen und ich nicht :-).
Irgendwann kam dann auch der Zug und nachdem auch hier ein Vierer gebunkert wurde,
stand einer entspannten Rückfahrt nichts mehr im Wege. Die Fährfahrt war dank
Dauerregen draußen dieses Mal auch nicht so spannend wie sonst und wurde weitgehend
verdöst, ehe Rocky und ich im letzten Abschnitt der Tour wieder unseren Biergeschmack
wiederfanden und es uns somit bis Braunschweig nochmal äußerst gut gehen lassen. Kalle
und OnkelTom hatten dafür zwar nur große Augen über, ZugZug würde ich mal sagen ;-)).
Gegen Nachmittag wurde Braunschweig dann abschließend erreicht und weil das für den
abend angesetzte Zweite-Spiel gegen Mascherode dem Regen zum Opfer fiel, konnte
man selbst auch umgehend ins Bett fallen. Die Europatournee ist also erstmal beendet -
Spaß hat's allemal gemacht :-)!
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