„TuRu - Du Zigeuner!“
1.FC Union Solingen 0:1 (0:0) TuRu Düsseldorf
28.02.2010, 15.00 Uhr, Stadion am Hermann-Löhns-Weg (Solingen), 400 Zuschauer
Schon lange stand Union Solingen auf der absoluten To-Do-Liste der zu besuchenden
deutschen Traditionsstätten und die aktuelle Lage der Solinger ließ einen doch vermehrt
nach einem möglichen Spielbesuch Ausschau halten. Kleiner Tipp: Die Solinger Vereinshomepage
heißt http://www.unionsolingen.de/, gibt man selbige Adresse mit einem Gedankenstrich ein,
erhält man die Webpräsenz des "Bierlieferservice" BierbisVier - großartig (und klingt um einiges
besser als Getränkedrive24!).
Aber zurück zum Thema: Groß also die Freude, an
diesem sonst Eintracht-freien Sonntag endlich die Chance zum Kreuzen zu erhalten, was
auch schnell in einer Rundmail an potentielle Mitfahrer kundgetan wurde. Deren Resonanz
war leider nicht ganz so prall, entweder wurde der Ground bereits besucht, oder man hatte
keine Zeit. Ausnahme der Stadionfan, der hätte zwar Zeit gehabt, aber irgendwie im Verlauf
der Woche keine Lust mehr. Note sechs und die Bestärkung der Teamchef-These: "Ein Stadionfan
ohne .. " :-). Dafür erbarmte sich neben Rocky Rossi dann doch noch am Vorabend spontan, mit zu fahren - allerdings
mit dem Wunsch, ein anderes Spiel zu schauen, da auch er bereits bei Union war. Kein Problem,
Mitfahrer sind schließlich gerne gesehen!
So startete man zu Dritt mit einer Deutsche Bahn-würdigen Verspätung, welche allerdings auf
meine Trödelei zurückzuführen ist, am Sonntagvormittag gen Nordrhein-Westfalen. Das Wetter hier
noch tiptop, die Laune im Auto ebenfalls und so verging die Zeit wahrlich fix. Rossi hatte sich
als Tagesziel den 1.FC Mühlheim ausgeguckt - die kicken zwar jetzt nur noch in der Bezirksliga,
waren aber mal Zweitligist und stellten somit ein lohnenswertes Reiseziel für die Tippspiel-Leiter
dar. Dennoch war aber auch der recht schockiert, als wir ihn gut eine Stunde vor Anpfiff zu einem Grandplatz
mit sieben Stufen karrten, der noch dazu zur Hälfte unter Wasser stand. Hartes Brot für das Ziel,
alle ehemaligen Zweitligisten zu sehen - noch dazu, nachdem man das alte Mühlheimer Ruhrstadion
besichtigt hatte. Das kann nämlich durchaus überzeugen, wird aber aus für mich unerfindlichen Gründen
derzeit nur von einer Maulwurffamilie und ab und zu für Konzerte genutzt. Schade drum!
Um einen Mitfahrer also erleichtert (dessen Erlebnisse sind unter http://www.blaugelb67.de nachzulesen)
ging es für Rocky und mich weiter in die gut 30 Kilometer entfernte Messerstadt Solingen. Gut eine Halbzeitlänge
vor Anpfiff wurde der Wagen direkt am Eingang geparkt und für drei Euro das "Stadion am Hermann-Löns-Weg"
betreten. Und um es direkt zu sagen: Geil! Wirklich alle Hoffnungen wurden erfüllt, wieder mal fühlte
man sich in die Siebziger Jahre zurückversetzt, Fußballkultur zum Anfassen und das Ganze komplett in Blau-Gelb!
Die alte Haupttribüne ist absoluter Kult, die gut in Schuss gehaltenden Stehtrassen drumherum komplettieren
das schöne Gesamtbild. Eine Stadionfotorunde war nur logisch und wurde auch durchaus unterhaltsam, konnte
man einem Groundhopper Marke "Deutschland pur" bei dem verzweifelten Versuch zuschauen, sich mit Hilfe
des Selbstauslösers im Stadion abzulichten. Groooßes Kino :-).
Nach Beendigung der Besichtigungsrunde ging es zum Imbissstand, wo die obligatorische Currywurst (lecker!)
verputzt und nebenher über die Situation von Union gequatscht wurde. Die ist nämlich recht
traurig, mit ganzen zwei Zählern rangiert der ehemalige Zweitligist nahezu ohne Hoffnung auf dem letzten
Platz - der sechsten Liga, auch Niederrheinliga genannt. Ob ein Abstieg überhaupt finanziell verkraftbar
ist, ist fraglich - Schuld an der Misere ist neben Missmanagement leider der heutige Gegner, TuRu Düsseldorf.
Die haben nämlich einen verhältnismäßig reichen Geldgeber, welche in der Sommerpause neben dem Trainer
ganze neun Union-Stammkräfte zu sich lotste und in Solingen einen Scherbenhaufen hinterließ. Söldnertum in
seiner miesesten Art und Weise - und entsprechende Brisanz im heutigen Spiel.
Vor Anpfiff zog es uns nochmal kurz auf die Gegengerade zum Fotographieren - um dann aber schleunigst die
Seiten zu wechseln, denn das Orkantief Xynthia erreichte langsam Nordrhein-Westfalen. Trotzdem recht lustige
Ansage des Stadionsprechers, man möge sich folglich bitte von Bäumen fernhalten - die Krankenhausrechnung
kann der Verein vermutlich nicht begleichen. Ansonsten hatte der Stadionsprecher sprichwörtlich nicht viel
zu melden, fehlte es ihm tatsächlich an der heutigen Mannschaftsaufstellung. Als Ersatz wurden die kompletten
Kader vorgelesen - auch noch nie erlebt.. Wohl bereits erlebt die Intromusik von Nina Hagen ("Eisern Union") - das
wurde aber definitiv nicht zu Zweitligazeiten gespielt. :-) Und apropos: in der Saison 1988/89 kreuzten sich
Eintrachts und Solingens Wege zuletzt, beide Male gewann Eintracht, damals noch mit Uwe Hain im Tor und Bernd Buchheister
im Sturm.
Das Spiel gestaltete sich anschließend unerwartet offen, Union hatte in der Winterpause personell nochmal
alles mobilisiert und spielte gegen das Spitzenteam aus Düsseldorf achtbar mit. Dies honorierten auch die gut 400
Zuschauer, welche insgesamt einen wirklich guten Support auf die Beine stellten. Auf der Tribüne wurde fleißig
gegröhlt und gepöbelt, machte richtig Spaß und konnte auch gesanglich teilweise überzeugen. Gut, die Grammatik
beim Dauerbrenner "TuRu - Du Zigeuner" ist ausbaufähig, aber das zählen wir mal zum Pott-Slang, welcher auch
an der Bierbude ("Mach mich zwei Bier") zum Standard gehörte. Unsere Sympathien waren ohnehin klar auf Heimseite,
der angeschlagene blau-gelbe Traditionsverein gegen die in rot-schwarz spielenden Geldsöldner irgendeines 0815-Klubs.
So freute man sich über das Halbzeitresultat von 0:0 - ein Achtungserfolg, welcher leider in Durchgang zwei
frühzeitig dahin war: der neute Torhüter der Eisernen ließ einen eigentlich harmlosen Schuss durch die Hosenträger
gleiten und es stand 0:1. Solingen mühte sich zwar, konnte aber spielerisch nichts mehr weiter bewegen. Lediglich
der Schiri bewegte noch ein bisschen was - nicht ganz zu Unrecht stellte er einen Solinger nach einer Grätsche mit
gelb-rot vom Platz. Den anschließenden Freistoß führte ein Düsseldorfer zu früh aus und bekam dafür gelb - und weil
er das nicht einsehen wollte sogar noch gelb-rot. Zwei Platzverweise in einer Situation, auch wieder was für das Kuriositäten-Kabinett.
Nach Abpfiff ging es schnell gen Auto, Rossi hatte schließlich zeitgleich Ende und sollte nicht zu lange im nunmehr
ungemütlichen Sturmwetter warten. Glücklicher Weise traf man sich recht schnell und so ging es nach kurzer Irrfahrt
durch Mühlheim via Oberhausen auf die Autobahn. Die beiden Navi-Geräte der Mitfahrer waren sich schlichtweg nicht
einig ("An der nächsten Kreuzung bitte links/rechts abfahren") und so fuhr man kurzer Hand nach den Verkehrsschildern,
der einsetzende Regen und Wind waren wirklich nicht mehr schön. So zügig wie nur möglich ging es mit der Radiokonferenz (das Hannoi verloren hat, muss glaub ich nicht mehr erwähnt werden?:-)) gen Heimat, welche
auch tatsächlich unbeschadet überstanden wurde - auch wenn man sich als Fahrer schon ab und zu ein bisschen wie ein Kapitän auf
einem Schiff im Sturm fühlte. Man kann Union Solingen nur alles Gute für eine hoffentlich bessere Zukunft wünschen, die gerade
auf der Vereinshomepage gelesende Nachricht über Gedankenspiele eines Stadionabrisses lassen allerdings
bereits Trauer aufkommen. Sowas darf nicht passieren! In diesem Sinne: Eisern Union (Solingen)! ;-)