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„Urlaub deluxe in Portugal“

 

Sporting Lissabon 0:2 (0:1) SL Benfica Lissabon
21.02.2011, 20.15 Uhr, Estádio José Alvalade XXI (Lissabon), 36.422 Zuschauer

 

FC Porto 0:1 (0:0) FC Sevilla
23.02.2011, 17.00 Uhr, Estádio do Dragão (Porto), 35.609 Zuschauer

 

SC Braga 2:0 (2:0) KKS Lech Poznan
24.02.2011, 20.05 Uhr, Estádio AXA (Braga), 10.007 Zuschauer

Der erste Länderpunkt des Jahres 2011 stand also vor der Tür: Portugal! Die Entscheidung für eine Reise in das Land an der Atlantikküste fiel nicht allzu schwer, bereits seit Jahren hatte man die alte Seefahrernation von Vasco da Gama auf dem Zettel und weil sich direkt nach Abschluss des ersten Semesters eine ganze Wochentour anbot, gab man Ryanair fix den Zuschlag für zwei Flüge auf der Strecke zwischen Bremen und Porto. Das kostete mal wieder fast gar nichts und somit machte man nicht nur den Teamchef recht neidisch auf die anstehende Woche. Ganz so einfach sollte es dann aber doch nicht werden, angekündigte Bahnstreiks und ein recht eng geplantes Zeitfenster für die Übergänge zwischen den Verkehrsmitteln bereiteten durchaus ein paar Kopfschmerzen, als man am frühen Montagmorgen gegen sechs Uhr zum Bahnhof fuhr. Hier dann erstmal Entwarnung, alle Züge sollten pünktlich fahren und somit bestieg man mal ausnahmsweise nicht die 6.15 Uhr-Regionalbahn nach Hildesheim, sondern nahm den Doppelstock gegenüber in Richtung Hannoi. Dort wurde bei doch ziemlich arger Kälte erneut kurz gewartet, ehe der Umstieg in den Zug nach Bremen auch problemlos vollzogen werden konnte. Äuglein schließen war also angesagt und in der Hoffnung, der Zug würde schon nicht mitten in der Pampa auf die Idee kommen, einen Spontan-Streik hinzulegen, wurde etwas Schlaf nachgeholt.

Tatsächlich erwachte ich dann auch erst mit Klingeln des Handyweckers in Achim - das hätte also schonmal gut geklappt. An dieser Stelle vielleicht noch ein kurzes Wort zu dem angedachten Streik: Ich bin ja ein großer Freund von Gewerkschaften und den Rechten der Arbeitnehmer, aber bei der Bahn müsste man das langsam mal eleganter lösen. Drei Gewerkschaften mit eigenen Interessen und dazu noch das Winterchaos - wann kann man eigentlich mal völlig ungestört die Eisenbahn nutzen? Aber gut, das nur am Rande, in Bremen ging es dann mit dem kurzfristig selbstgeschaffenen Straßenbahn&Fly-Ticket kostenneutral zum Flughafen, wo man sich in eine nicht unbeträchtliche Schlange einreihen durfte. Neuerdings werden bei Ryanair nicht nur die Handgepäckstücke gewogen, das Gewicht wird jetzt sogar noch schriftlich vermerkt und entsprechend lange dauert das dann auch. Irgendwann war man aber trotzdem durch und hatte sogar Zeit, die obligatorischen Ein-Euro-Biere im Duty-Freebereich einzuholen. Eine gute Schlafgrundlage für den wohl restlos ausverkauften Flieger, der mit leider gut zwanzig Minuten Verspätung dann um kurz vor eins auch den Aeroporto von Porto (cooles Wortspiel) erreichte. Da die alles entscheidene Metro aber bereits in einer Viertelstunde gehen sollte, hieß es hier einen Zahn zulegen und nach einem kleinen Querfeldein-Sprint konnten die Ticketautomaten pünktlich erreicht werden. Ein netter Mensch kaufte mir dann irgendeinen Fahrschein (das System soll einer verstehen und Schilder gibts hier auch keine..) und somit konnte in der Metro erstmal durchgeatmet werden. Fast zumindest, nach dem Verlassen in der Bolhao-Station musste erneut etwas zügiger gegangen werden, damit das bis dato nur von Wikipedia bekannte Überlandbusterminal auch gefunden werden konnte. Auch das gelang (wenn auch durch den Hintereingang) und somit stand der Fahrt im Rede Expressos Service Nummer 50 gen "Lisboa" nichts mehr im Wege. Draußen setzte passender Weise noch etwas Regen ein und somit machte man es sich mit Brötchen, 7up und dem mitgenommenen Netbook gemütlich - bei Rede Expressos gehört ein freies WiFi-Netz zum Standard und das nutzt man dann doch allzugern und chattete erstmal eine Runde bei Facebook mit der Heimat. Schöne, globalisierte Welt .. ;-)

Je südlicher sich der Bus über die fast ausgestorbenen Autobahnen (Spritpreise fast wie in Deutschland) vorkämpfte, desto blauer wurde der Himmel und auch die Sonne kam schließlich raus. Entsprechend konnte man erstmals einen guten Eindruck vom porugiesischen Landbild bekommen - auf jeden Fall um einiges grüner, als gedacht. Nach 3:30 Stunden Fahrzeit wurde die 450.000-Einwohnerhauptstadt schließlich pünktlich erreicht und auf direktem Wege ging es dann auch vom zentralen Busbahnhof "Sete Rios" in Richtung Metro, das erste Spiel der Tour sollte heute ja schon um 20.15 Uhr Ortszeit beginnen. Der Spielplangott hatte es richtig gut mit mir gemeint und mir von allen möglichen Montagsspielen (hätte ja auch eins auf Madeira sein können..) ausgerechnet das absolute Schlagerspiel und Derby zwischen Sporting und Benfica Lissabon beschert. Ein absoluter Traum also, da die Kartenfrage im Vorfeld aber nicht abschließend geklärt werden konnte, ging es mit einem etwas mulmigen Gefühl zum Estádio José Alvalade XXL, nach welchem auch der anliegende Stadtteil benannt ist. Das Stadion von Benfica liegt übrigens auch nur schlappe fünf Kilometer entfernt, mehr Derby geht also gar nicht, auch wenn die sportlichen Vorzeichen heute eindeutig waren: Während der Stuttgarter Europa League-Gegner Benfica wohl souverän auf den Meistertitel zusteuert, muss der heutige Gastgeber Sporting zusehen, wenigstens Platz drei sichern zu können.

Mit einem Umstieg wurde die Zielstation "Campo Grande" dann also erreicht, das Ganze gute zwei Stunden vor Anpfiff. Entsprechend war auch durchaus schon etwas Betrieb am Stadion, wobei die Farben grün und weiß des Gastgebervereins eindeutig dominierten. Die Ticketschalter waren ebenfalls noch geöffnet und somit beschaffte man sich dann Zutritt für den gewünschten "Bereich", alles also halb so wild gewesen. Im Stadion war dann dafür quasi noch kein Mensch, so dass man in Ruhe Fotos von der leeren Schüssel machen konnte: Etwas über 50.000 Plätze fasst der durchaus schwungvoll konstruierte Spielort der Euro 2004, in welchem Rudi Völler beim 1:2 gegen Tschechien übrigens sein letztes Spiel als Bundestrainer erlebte. Aber auch im Vereinsfußball hat das eigentlich noch junge Stadion durchaus schon was erlebt, unter anderem ein UEFA-Pokalfinale, in welchem ausgerechnet Sporting Lissabon "daheim" gegen den ZSKA Moskau verlor. Mir persönlich gefällt der Bau ansonsten optisch ganz gut - bunte Sitzschalen sind zwar mit Vorsicht zu genießen, hier passen sie aber einfach zu Gesamteindruck. Und nach und nach sollten sich die Plätze ja auch füllen, so dass am Ende nur noch wenig von den "Legosteinen" zu sehen war - womit wir dann auch schon beim eigentlichen Spiel sind: Persönlich hatte ich ja eher geringe Erwartungen an das Derby, ist Portugal normaler Weise doch eigentlich eher weniger für großartige Kurvenshows und Drumherum bekannt gewesen. Bei Sporting ergibt sich zusätzlich noch das "Problem", dass es an insgesamt vier Positionen im Stadion kleinere (in den Ecken) und größere (Hintertor) Ultragruppen gibt, weshalb ich eher von einem Supportchaos á la Preußen Münster ausgegangen war. Tatsächlich fühlte ich mich gut zehn Minuten vor Beginn des Spiels auch halb bestätigt, dann nämlich wurden auf der Gegengerade vom Oberrang mehrere Folienbahnen entrollt, die neben einer "84" im Lohrbeerkranz das Wort "Torvar" ergaben, genaue Bedeutung unbekannt (zumindest spuckt der Google-Translator nichts aus). Dummer Weise machten sich aber eh gleich mehrer der auch nicht gerade anspruchsvoll gestalteten Folien recht schnell selbstständig, so dass das ohnehin schon etwas kuriose Gesamtbild (wieso macht man eine Choreo noch während des Warmlaufens der Spieler?) endgültig zusammenbrach. Etwas (erwartete) Ernüchterung also, die auch trotz des gesanglich durchaus netten Anheizen des Stadionsprechers (gute Stimme der Knabe) nicht unbedingt besser wurde und sich erst mit dem unmittelbaren Auflaufen der Spieler schlagartig um 360 Grad drehen sollte: In beiden großen Sportingkurven wurde gezündet was das Zeug hielt, dazu Kassenrollen und vereinzelte Blockfahnen und Schwenker. Auch die vielleicht 7.000 Benfica-Anhänger, bis dato im Grunde noch gar nicht in Erscheinung getreten, ließen sich nicht lumpen: Der Gästeblock brannte ebenfalls lichterloh, dazu kamen von den Jungs noch einige Böller der Marke XXL, die sachgerecht im Fluchtgraben des Stadions entsorgt wurden und entsprechend verstärkt knallten. Ein Top-Gesamtbild also, dazu die Vereinshymne von Sporting vom Band und aus den Kehlen der gemäßigteren Tribünen - damit hatte man keine fünf Minuten vorher nun wahrlich nichtgerechnet! In einer Sportingkurve begannen nun auch noch einzelne Sitzschalen und Werbetafeln dank der kokelnden Wurfrollen Feuer zu fangen, so dass die Feuerwehr einen ersten Einsatz bekam - wer jetzt denken würde, eine Panik wäre ausgebrochen, oder der Stadionsprecher hätte was dazu gesagt, denkste! Nicht einmal der Schiri verzog seine Miene angesichts des Intros, der half lieber brav dem Keeper von Benfica, seinen Strafraum von grünen Bengalos und Feuerzeugen zu säubern :-).

Relativ begeisterte knipste man also drauf los und stellte dabei erschreckt fest, dass die Batterien der Kamera bereits jetzt auf Notstrom liefen. Entsprechend sind manche der folgenden Ereignisse auch leider nur in Teilen dokumentiert und müssen halt einfach beschrieben werden: Benfica übernahm sportlich sofort das Zepter in die Hand, auch wenn der argentinische Altstar Pablo Aimar auf der Bank blieb. Dafür wirbelte insbesondere der von Bayern München umworbene Fabio Contrao wirklich ordentlich auf seiner Außenbahn, so dass Sporting-Keeper Rui Patricio bereits frühzeitig regelmäßig geprüft wurde. Timo Hildebrand, seit einem Jahr ja auch bei Sporting unter Vetrag, stand heute übrigens nicht mal im Kader.. Dennoch wäre wohl auch er in der 15. Minute machtlos gewesen: Eine flache Hereingabe von Benfica segelte zunächst knapp an den Stürmern vorbei, um dann von dem hereinfliegenden Salvio doch noch erwischt zu werden - unhaltbar, 1:0 für die Gäste. Ein wirklich geiler Torjubel inklusiver erneuter Pyroeinlage die Folge im Benfica-Block, auch eine Leuchtspur knallte direkt unter's Dach und landete verstreut im Heimbereich. Daraufhin wurde ein erstes Mal fein gepöbelt, auch sonst meckerten beide Seiten bei jeder noch so kleinen Aktion und beleidigten aber wirklich auf Champions League-Niveau.

Bis dato hatte ich, um ehrlich zu sein, auch recht wenig auf das Spielfeld geschaut - auf den Rängen passierte einfach zu viel. Und auch jetzt sollte sich das nicht ändern, denn auf einmal gab es Rennereien im Sporting-Bereich von den "Juventude Leonina"-Ultras. Hatte ich zuerst noch einen Bannerklau vermutet, stellte sich recht schnell raus, dass keine verfeindeten Fangruppen sich in sagen wir mal "Kampfhaltung" gegenüberstanden - es waren eben die Ultras von Sporting und eine Einheit der Policia. Den genauen Anlass für das Betreten des Blocks durch die Beamten war mir entgangen, vermutlich gab es wegen der Pyroeinlagen vom Intro Ärger. In jedem Fall war die Polizei jetzt nunmal da und erfüllte wenig später das Klischee, dass man von Polizisten aus den südeuropäischen Ländern kennt: Sie drehte komplett frei. Zahlenmäßig weit unterlegen, stürmten die Beamten wirklich ohne Vorankündigung und ohne konkretes Ziel und Rücksicht auf Verluste in den Sporting-Mob, der in einer wahren Massenflucht davonlief und dennoch einige Prügel einstecken musste. Das ließ die Emotionen dann auch auf Fanseite überkochen - nicht, dass das Problem jetzt behoben wäre. Jetzt formierten sich die Anhänger und mit Fahnenstöckern, Sitzschalen und Pyro bewaffnet erfolgte der Gegenangriff: Völlig krass, die Zuschauer der anderen Tribünen wurden wirklich Zeuge einer total offen vorgetragenen Massenschlägerei. Denn die Polizei ließ sich natürlich auch nicht lange bitten und ging ihrerseits erneut zum Gegenangriff über, wobei zugestanden werden muss, dass ein Polizist in kickboxtechnisch wohl astreiner Haltung von einem in weiß gekleideten Sporting-Fan umgeklatscht wurde. Der sprang in halber Supermann-Manier einfach in den Polizeitrupp hinein - quasi der Märtyrertod. Ich will nicht wissen, wie viele Verletzte es bereits jetzt gegeben haben muss, die normalen Zuschauer verfolgen in jedem Fall nun auch weniger das Spiel, als die Ereignisse auf den Rängen und begleiteten jeden Polizeiangriff mit gellenden Pfiffen und von Benfica-Seite sogar mit wenig freundlichen Gesängen in Richtung Staatsmacht (das konnte man selbst ohne portugiesische Sprachkenntnisse erkennen..).

Nach kurzem "Waffenstillstand" rüsteten die Sportingleute dann zum letzten Angriff und rannten mit Mann und Maus und unter einem Hagel von Leuchtspuren, Böllern und Sitzschalen auf die Polizei, welche nun erstmals ihre zahlenmäßige Unterlegenheit bemerkte und die Flucht (!) ergriff! Behelmte Uniformierte flüchteten im Laufschritt die Aufgänge hinunter (Video dazu hier) und trauten sich erst wieder zurück, als sich die Lage zur Halbzeitpause langsam beruhigt hatte und als die Sporting-Fans lieber auf den Schiri schimpften, der ein - zugegeben klares - Abseitstor für grün-weiß nicht gegeben hatte. Aber auch sonst hatte der Herr in schwarz einen durchaus schweren Stand, wenig später schickte er auch Benficas Sidnei mit gelb-rot (wohl wegen Meckerns) frühzeitig zum Duschen, ein Schlussstrich unter eine absolut unglaubliche erste Halbzeit.

In der Pause wurde also erstmal durchgeatmet, mit sowas hatte man natürlich im Leben nicht gerechnet. Es konnte im Grunde nur schlechter werden und tatsächlich wurde es das dann auch: Auf den Rängen stellte die durch den Polizeieinsatz halb geleerte Kurve den Support quasi ein und weil Benfica ohnehin das Spiel machte, dominierten die Gäste auch in Sachen Gesang. Das taten sie dafür dann auch wirklich vorbildlich, feine Lieder und vorallem eine fast perfekte Mitmachquote ließen das Fanherz nicht nur einmal erfreuen. Das 2:0 auf dem Feld durch Gaitan (63.) war demnach auch nur verdient und der rabenschwarze Tag für Sporting somit perfekt. Immerhin verließ fast keiner der insgesamt 36.442 Zuschauer (nicht ausverkauft) vorzeitig den Ground und auch ich genoss lieber die weiteren kleineren Pyroeinlagen der Gäste, die den Derbysieg sicher bis zum Ende verwalten konnten. Auch wenn der zweite Durchgang nicht an den Ersten anknüpfen konnte: Das Lissaboner Derby hatte alle Erwartungen um Längen übertroffen und besser kann man einen Länderpunkt wohl kaum machen.

Nach Spielende ging es dann etwas gemächlicher in Richtung Metro, so dass die dort verteilten Gratisbrötchen genau vor meiner Nase ausgingen - schade, man kann aber auch nicht alles haben. Die U-Bahn war dafür nicht so voll wie befürchtet und somit erreichte man den Rossio-Platz sogar sitzend. Dort hieß es dann aussteigen und das Hostel suchen, was nach einem Futterstop bei Mc's auch im zweiten Anlauf gelang. Angesichts der Außenwirkung des gebuchten "Kitsch Hostels" befürchtete man schon ein Budapester Deja-Vu (Hostels mit Klingelschildern, bei welchen Buchstaben fehlend sind nicht gerade seriös), dieses Mal sollte der erste Eindruck sich aber als falsch erweisen. Von der etwas risikofreundlichen Wendeltreppe mal ab war die Bude tiptop in Ordnung und so gönnte man sich nach persönlicher Führung durch die blonde Rezeptionsdame (was macht so ein Mädel in Portugal?!) sogar ein abendliches Super Bock-Dosenbier. Tag eins war ja schonmal perfekt.. :-)

Am nächsten Tag wurde auch ohne Weckerklingeln gegen halb zehn aufgestanden und nach duschen und frühstücken (beides angesichts des gezahlten Preises absolut in Ordnung) sollte es auf Kultur-Tour durch Lissabon gehen. Der Dienstag war als fußballfreier Tag der Tour ausgewählt worden und weil Lissabon eh zu den Perlen unter den europäischen Hauptstädten gehören soll, stand einer kleinen Horizonterweiterung also nichts mehr im Wege. Im Vorfeld hatte mir jeder zu einer Benutzung der Straßenbahnlinie 28 geraten, da diese eigentlich reguläre Verbindung quasi einer normalen Stadtrundfahrt gleichkommen sollte. Es ging also erstmal auf Spurensuche, wo diese Bahn denn so startet und wenig später wurde man am Martim Moniz-Platz auch fündig und saß so recht schnell in einer dieser kultigen Oldschoolbahnen. Das Wetter hielt sich zu dieser Zeit noch in Grenzen, bewölkter Himmel und 15 Grad auf dem Termometer war angesagt. Da man die Bahnfahrt durch die engen Gassen der teilweise unmöglich steilen und engen Altstadt aber eh mehr genießen, als fotographieren, soll und kann, war das weniger schlimm und so gab man sich dem Flair der engen Gassen hin. Ist wirklich krass, wie sich die Bahn hier zum Teil durchschlängelt - teilweise haben parkende Autos extra ihre Spiegel eingeklappt, da es sonst krachen würde. Im Gegenzug stehen manche Wagen aber auch mit Warnblickern zum Teil auf den Schienen - ein entrüstetes Klingeln der Bahn später werden die Autos dann aber immer brav von ihren Haltern entfernt, so genau nimmt man das hier im Straßenverkehr nicht. Eine Ausnahme bilden dabei lediglich die Zebrastreifen, hier wird wirklich immer gehalten und selbst die sonst so rasanten Taxifahrer entschuldigen sich, wenn sie mal ausversehen nicht rechtzeitig bremsen konnten. Ich beendete die Bahnfahrt dann wenig später irgendwo im Stadtteil Chiado, von wo es zu Fuß zum "Praça do Comércio" ging, dem am Ufer gelegenen Regierungsgelände. Das wirkt im Gegensatz zu den sonst so engen Gassen der Altstadt äußerst pompös und so wurde die Statue von José I. fleißig weggeknipst. Lissabon ist übrigens auch deshalb so gut erhalten, weil Portugal im zweiten Weltkrieg neutral bleiben konnte und so keine Schäden davontrug, dafür jetzt aber eine XXL-Power-Jesusstatue zur Bewachung auf der anderen Uferseite des Tejo-Flußes bekommen hat. Besagter Fluß wird übrigens durch die ebenfalls enorm eindrucksvolle "Ponte 25 de Abril"-Brücke überspannt, welche von Autos und Zügen gleichsam genutzt wird.

Für mich ging es nun wieder zu einer Bahnhaltestelle, die Linie 15 in Richtung Belém konnte passender Weise direkt am Regierungsplatz bestiegen werden. Das Ganze klappte übrigens mit einem Tagesticket für Metro, Bus und Straßenbahn, welches schlappe 3,95 Euro (+50 Cent einmalig, sofern man noch keine Wiederauflad-Karte hat) kostet. Die Fahrt nach Belém ging dann auch in einer modernen Niederflurbahn von statten (womit sich die Frage nach der Behindertengerechtigkeit in der Altstadt stellen dürfte..) und nach einer guten Viertelstunde Fahrzeit wurde das Ziel erreicht. Der Stadtteil Belém liegt verhältnismäßig schon außerhalb des eigentlichen Stadtkerns, dank seiner kulturellen Highlights ist er aber das Ziel schlechthin für Lissabonreisende: Belém ist das geschichtliche Epizentrum der Seefahrernation Portugal, hier starten Vasco da Gama und Co auf ihre großen Entdeckerreisen und das wollte man sich heute natürlich nicht entgehen lassen. Der Ort selbst zieht sich etwas lang, dennoch entdeckt man ihn am Besten zu Fuß: Neben vielen Parkanlagen (die beim jetzigen Sonnenschein dankbaren Schatten spendeten), kommt man als erstes am Nationalmuseum und dem Kloster "Mosteiro dos Jerónimos" vorbei, wobei in letzterenm besagter Vasco da Gama beerdigt ist. Die Leichenschau ersparte ich mir aber, dafür ging es schnurstraks, und vorbei an diversen Schulklassen, zum Entdeckerdenkmal. Das wirkte gerade bei den heutigen Lichtverhältnissen wirklich eindrucksvoll und machten ein kurzes Verharren und einen anschließenden Spaziergang an der Promenade unumgänglich. Die führte dann geradewegs zum "Torre de Belém", einem alten Turm aus dem Jahre 1521. Auch der wurde ausführlich abfotographiert und bei Musik von Straßenmusikern etwas in alter Seefahrertradition geschwelgt. Erst ein Blick auf die Uhr sorgte dann für den Rückweg, vor welchem in einem wirklich urigen Einkaufsladen, geführt von zwei äußerst zuvorkommenden Senioren, etwas Proviant eingeholt wurde. Die rappelvolle Straßenbahn brachte einen dann wieder zurück zum Praca de Figuera, von wo aus es mit der Metro abschließend zum Praca Marques de Pombal mit der Statue des Gleichnamigen ging. Hinter der Statue erstreckt sich der schöne und bergige "Parque Eduardo VII", für dessen Erreichen man aber zuvor erstmal den wirklich höllischen Kreisverkehr um die Pombal-Statue überstehen muss. Geschafft wurde auch das irgendwie und nach kurzem Ausruhen ging es ein letztes Mal mit der Metro zurück zur Sete Rios-Busstation (Metrostation: Jardim Zoologico) und mit dem Reisebus zurück in Richtung Porto - leider ohne Internet, da die Linie dieses Mal von einer Tochterfirma unterhalten wurde. Unter die Etappe Lissabon konnte aber dennoch schonmal ein dickes Plus gemacht werden und weil man trotz leichter Irrwege auch das gebuchte "Yellow Hostel" mit seiner lettischen Rezeptionsdame (was machen die alle hier?? :-)) irgendwann erreichte, konnte jetzt erstmal geschlafen werden.

Am Mittwoch stand nach etwas Ausschlafen natürlich erstmal ein ausführliches Sightseeingprogramm in Porto an. Ehrlich gesagt hatte ich mich über die Hauptstadt des Portweins nur bedingt im Vorfeld informiert und daher musste sich erstmal im Hostel mit einem Stadtplan bewaffnet werden und nachdem auch Wikipedia auf die wichtigsten Fakten überprüft wurde, machte man sich freiheraus zu Fuß auf den Weg. Den ersten Anlaufpunkt stellte die zentral gelegende "Avenida dos Aliados" dar, die zentrale Prachtstraße der Stadt. Hier findet man logischer Weise auch das Rathaus und diverse Einkaufsläden im prunkvollen Stil. Bei dem Wetter sehr hübsch anzusehen und auch die ersten Gästefans und Ultras des heutigen Gastes FC Sevilla säumten schon die Bars. Ich nutzte die Gelegenheit, um am naheliegenden "Praca Filipa de Lencastre" nach dem morgigen Bus nach Braga zu schauen - tatsächlich fährt der aber gar nicht dort, sondern ebenfalls im zentralen Busbahnhof in der Rua Alexandre Herculano - für Nachahmer sicher nicht ganz uninteressant.

Im Anschluss wurden diverse äußerst steile Straßen mit Fernziel Kathedrale ("Sé do Porto") bestiegen. Die Route verlief dabei eher willkürlich, selbst der beste Stadtplan kann die diversen Steigungen und Gassen nicht endgültig dokumentieren und daher verpasste man auch die anvisierte "Travessa do Cativo" - die Jungs werden es mir hoffentlich verzeihen :-). Die Kathedrale wurde dennoch gefunden und insbesondere die dortige Sicht über die UNESCO-geschützte Altstadt Ribeira mit ihren Winkeln und Gassen für äußerst gut befunden. Noch besser sollte die Aussicht dann wenig später bei dem Spaziergang über die "Ponte Dom Luis I"-Brücke werden: Die insgesamt 45 Meter hohe Bogenbrücke über den Douro-Fluß ist definitiv nichts für schwache Nerven (und eigentlich bin ich auch alles andere als schwindelfrei), das Panorama über die Stadt und das Umland entschädigt aber für einiges. Spätestens jetzt muss ich für Porto wirklich eine große Lanze brechen, insgesamt machte das alles jetzt schon einen fast schöneren Eindruck, als die ja zweifellos auch wunderschöne Hauptstadt Lissabon.

Nachdem die Herausforderung der Brücke also gemeistert wurde, hieß es nun eine gute Abstiegsmöglichkeit in Richtung Ufer zu finden, schließlich ist die Riberia in mehreren Etappen aufgebaut. Fündig wurde man auf Höhe der Börse, welche eigentlich gar nicht auf der Route stand, da sie etwas zu weit westlich liegt. Immerhin kam man auch hier am Douro raus und konnte sich mit Blick auf die traditionellen Rabelo-Weintransportschiffe sogar ein Eis im Sonnenschein gönnen und Postkarten schreiben - das ist Lebensqualität :-)! Die Zeit bis zum Anpfiff war auf nunmehr zwei Stunden zusammengeschrumpft und daher entschied man sich mit Blick auf den Stadtplan für einen kompletten Fußmarsch zum Stadion, welcher zunächst auch durch engen Gassen des historischen Viertel "Foz Velha" führte, sehr schick. Hier wurde man dann auch erstmals auf den Polizeihubschrauber aufmerksam, der seine Runden über der Stadt drehte. Es ist also Fußball und damit kommen wir zum zweiten Spiel der Tour:

Gut eine Stunde vor Anpfiff wurde das "Estadio do Dragao", u.a. Austragungsort des EM-Spiels zwischen Deutschland und Holland 2004, dann nach dem besagten Fußmarsch erreicht. Zum Sonne-Tanken war diese Option durchaus okey, angesichts der diversen Steigungen sollte man sich diese Route aber zwei Mal überlegen. Jetzt war man aber zumindest da und kaum hatte man den Vorplatz des Stadions erreicht, wurde es auch schon hektisch: Eine Gruppe eher normaler Trikotträger des FC Sevilla hatte sich vor dem Ground zum Fotos machen getroffen und wurde wirklich aus heiterem Himmel von einer ungefähr doppelt so großen Gruppe lokaler Ultras attackiert. Das geschah wirklich blitzartig, teilweise aber sogar mit einer Art Totschläger bewaffnet - krass. Die Policia hatte die Situation in jedem Fall auch recht schnell gecheckt und ging nun ihrerseits auf die Porto-Leute mit ihren Knüppeln los, so dass auch eine erste Leuchtspur gen Himmel sauste. Das knüpft ja alles nahtlos an die Ereignisse in Lissabon an, unglaublich dieses Land. Hier beruhigten sich die Lage dann langsam, so dass man sich für das Betreten des Stadions entschied.

Im Vorfeld wurde das Drachen-Stadion mehrfach als wirklich schön angepriesen - ein Urteil, dem ich mich durchaus anschließen kann. Auch wenn der Ground als Allseater natürlich ein Minuspunkt erhält, optisch gefällt die luftige Konstruktion mit den dunkelblauen Sitzen durchaus. Nach und nach sollten sich diese dann heute auch füllen, wobei die sportlich an sich reizvolle Partie angesichts der untypischen Uhrzeit von 17 Uhr Lokalzeit leider nicht ausverkauft werden sollte. Dank der drei verbliebenden portugiesischen Starter in der Europa League wurde das heutige Spiel auf den eigentlich der Champions League vorbehaltenden Mittwoch gelegt, aber dem Fernsehzuschauer natürlich die Möglichkeit eines TV-Doppels gegeben werden sollte, wird so ein Spiel dann halt mal eben in die frühen Abendstunden gelegt - aller Gewohnheiten der Einheimischen zum Trotz. Am Ende sollten immerhin 35.609 Zuschauer kommen, wobei gut 700 den Gästen aus Andalusien die Daumen drückten. Die hatten trotz ihres Star-Kaders das Hinspiel daheim unerwartet mit 1:2 gegen den bisher in der kompletten Saison (!) ungeschlagen FC Porto verloren. Diese eindrucksvolle Bilanz des designierten Meisters kommt übrigens auch nicht von ungefähr, der Trainer André Vilas Boas gehörte bis vor wenigen Monaten zum engsten Trainerzirkel José Mourinhos, der bekanntlich seit nunmehr neun Jahren (!) daheim ungeschlagen ist und den FC Porto sensationell zum Champions League-Sieg geführt hatte. Alles in allem also eine mehr als reizvolle Angelegenheit auf dem Feld und nachdem man zum Intro sogar eine Selbstfeier-Choreo der heimischen Ultras "Super Dragaos 1986" gesehen hatte, freute man sich umso mehr auf die kommenden neunzig Minuten. Die Gäste hatten neben einer Schalparade zur eigenen Vereinshymne auch zwei Fackeln in den Innenraum entsorgt - nett. Leider mokierte sich fortan ein Ordner, man dürfe keine Fotos vom Spiel machen, so dass man sich halt nur dem Support und dem sportlichen Geschehen widmen musste. Beides wurde konsequent vom FC Porto beherrscht, Sevilla bekam kaum ein Bein auf den Boden und die Heimkurve sang zusammen mit einigen La Bomba-Explosionen. Die dürften wohl auch eine kleine, aber dafür handfeste Meinungsverschiedenheit im Heimsektor zur Folge gehabt haben, die von den Ordnern aber recht schnell geklärt werden konnte. Zur Pause blieb es zunächst beim torlosen 0:0, dafür machte man die Bekanntschaft mit Pierre aus Köln und Harry aus Leipzig-Leutzsch, die zufälliger Weise die gleiche Tour gebucht hatten. Es gab also in Durchgang zwei reichlich viel zu quatschen, so dass erst die sich überschlagenden Ereignisse ab Minute 71 den Fokus wieder auf das Spielfeld richteten: Zunächst traf der brasilianische Nationalspieler Luis Fabiano völlig unerwartet nach einem Konter zum unverdienten Führungstor für die Gäste, den nun nur noch ein Treffer zum eigenen Weiterkommen fehlten. Porto zeigte sich damit erstmal reichlich überfordert und nach einer glatten roten Karte für Alvaro Pereira dachte man auch schon, das Spiel würde kippen. Hektisch war es in jedem Fall allemal und der Ex-Schalker Ivan Rakitic im Sevilla-Kader dürfte ein erstes Mal das südländische Temprament gespürt zu haben. Ein bisschen überfordert wirkte er in jedem Fall, genauso wie der englische "Starschiri" Howard Webb, der wohl wegen Beleidigung auch den Sevillaner Alexis nach 77 Minuten vom Platz stellte. Damit ergaben sich nun große Konterräume, die Portos sonst so treffsicherer Strafraumstürmer mit dem schönen Namen Hulk aber allesamt vergab. Porto kam also nicht ganz unverdient weiter und feierte entsprechend mit ein paar Blinkern und Fackeln, die dank des Nerv-Ordners aber nicht abgeknipst werden konnten. Zu gucken gab es also nichts mehr und daher ging es zusammen mit dem Chemiker Harry, der passender Weise auch das gleiche Hostel gebucht hatte, zurück in die Herberge. Zuvor wurde noch eingekauft und daher fand der Abend mit einer lokalen Portweinflasche, mehreren Dosen "Super Bock" und einer Pizza beim Sieg der Bayern bei Inter Mailand im TV sein schönes Ende :-).

Am nächsten Morgen entschied sich Harry dann spontan, ebenfalls meinen Rede Expressos Bus in Richtung Braga zu nutzen und nachdem über unmöglichste Konversationswege auch für ihn ein kassenbonähnliches Ticket gekauft werden konnte, wurde die Linie 11 in Richtung Norden bestiegen. Tatsächlich gibt es auch einen spottbilligen Vorortzug, da man davon aber leider erst zu spät hörte, wurden halt insgesamt elf Euro in die jeweils neunzig minütige Tour investiert. Da der Bus wieder von einer Tochtergesellschaft betrieben wurde, war auch dieses Mal WiFi leider Fehlanzeige, daher genoss man die Tour durch die wirklich schöne Landschaft mit ihren vielen Fincas bewundert - hier kann man natürlich auch alt werden. Gegen Mittag wurde dann das heutige Tagesziel Braga erreicht, wobei der Busbahnhof eher nach Stoke-on-Trend gepasst hätte :-). Fix ging es also wieder zur zentralen Straße, die hier passender Weise "Avenida Central" heißt. Hier findet man neben dem zentralen "Praca da Republica" auch einen McDonald's-Laden und der "Basilica dos Congregados" auch die "Igreja da Lapa"-Kirche. Die ist logischer Weise katholisch und genauso logischer Weise sammelte sich dort nach und nach auch der polnische Mob des heutigen Gegners, Lech Poznan. Deren Fanszene gilt bekanntlich in Polen neben Legia Warschau derzeit als die Nummer eins in Sachen Krawall und Support, wie man selbst bei Manchester City im letzten Jahr bereits erleben durfte. Sportlich läuft des bei Lech hingegen komplett unterschiedlich, während in der Liga sogar der Abstiegskampf droht, erreichte die Mannschaft in der Europa League sensationell im direkten Vergleich mit niemand geringerem als Juventus Turin das Weiterkommen, was für die "Alte Dame" aus Italien den Weg ins europäische Altersheim bedeutete. Lech feierte damit hingegen den größten Triumpf in der Vereinsgeschichte und daher rechnete man heute schon mit mindestens 1.000 Polen, trotz der wahrlich ungünstigen Anfahrtsroute. Am frühen Nachmittag hielt sich der Mob aber noch weitgehend überschaubar und so machte man mit Harry einen Spaziergang in südlicher Richtung über die "Prachtstraße" Avenida da Liberdade". Dort wurden dann in einem Supermarkt auch unabhängig voneinander 20-Centkekse (Hopper halt.. sparen wo es geht :-)) und leckere Linguica-Würstchen zum Mittagessen gekauft. Kuriose Geschichte am Rande: Man stand gerade vor dem Laden und überlegte ironisch, einfach ein paar der Mandarien ganz im Ostultra-Style meines neuen Mitfahrers zu klauen, da kam ein ungefähr gleichaltriger Portugiese vorbei und nahm mal eben drei Stück ohne Bezahlung mit. Sachen gibt's :-)...

Die verbleibende Zeit wurde dann in der Sonne auf einer Grünfläche auf der Avenida verbracht, die Sonne lachte schließlich auch hier vom Himmel und somit lies man es sich bei ein paar Super Bock-Bieren gutgehen. Das Entertainmentprogramm kam dabei ironischer Weise auch gar nicht direkt von den Lech-Hools, sondern von ein paar lokalen Stundenten (davon gibt's in Braga viele..), die irgendein komisches Theaterstück einprobten und dabei nicht nur die Glatzen-Module mit den blauen Trikots völlig verwirrten. Die nahmen es aber mit Humor und unsereins hatte lustige Motive und seinen Spaß :-).

Um kurz vor Sechs kam dann auch Pierre wieder an Land, der hatte ganz fein zuvor in der Uni-Mensa gespeist, Frechheit :-). Zeit zum Aufbrechen war jetzt aber trotzdem angesagt, die Lech-Capos gaben das Kommando zum Aufbruch und der jetzt doch eindrucksvolle Mob sammelte sich für den Marsch zum Stadion. Wir eilten also mal besser etwas vor, wurden von dem fast sprintenden Trupp aber recht schnell eingeholt und ließen die doch etwas böse dreinblickenden Polen lieber vorbeiziehen, wobei zumindest ich mich ganz schlau in einem Imbissladen mit irritiertem Verkäufer versteckte, was von James Bond-Verfolgungsjagden nicht alles lernt :-). Fortan ging es also mit respektvollem Abstand den gut 1.000 Polen hinterher, die allerdings wenig später bereits zum Stocken kamen: Auch beim dritten Spiel der Tour wollte die portugiesische Aggro-Polizei nochmal ihren Auftritt haben und so wurde wegen Nichtigkeiten in den Hool-Mob geknüppelt, der sich zur Verwunderung der Beamten aber zu Wehren wusste. Wir konnten das Geschehen in einer Kurve ganz gut einsehen und es knallte wirklich recht heftig zwischen beiden Parteien, so dass wenig später auch schon die ersten Krankenwagen anrückten. Zeit für uns also zu gehen, noch dazu da auch der Lech-Mannschaftsbus gerade vorbeifuhr und das Erblicken des Busses vermutlich noch mehr Chaos ausgelöst hätte.

Mit einem Umweg wurde das Stadion erreicht, wobei man bis zuletzt wirklich nicht merkte, sich eben vor einem Stadion zu befinden. Selbst den größten Fußball-Laien dürfte bekannt sein, dass sich die Stadt Braga zur Euro etwas ganz besonderes ausgedacht hatte und für insgesamt 61 Millionen Euro ein Stadion in einen Granitfelsen auf dem höchsten Punkt der Stadt gehämmert hatte. Dafür gibt es dann auch nur genau einen recht schmalen Anfahrtsweg - wie das bei einem ausverkauften Haus klappen soll, ist mir schleierhaft. Genauso schleierhaft war den hiesigen Ordnern dann auch die Lage unserer hinterlegten Tickets, so dass wir erneut zurückmussten und dabei beinahe wieder in den nunmehr mit sogar mit Gummischrotgewehren bewaffneten Polizei/Poznanmob geschlittert wären. Irgendwie kam man dann aber doch noch weg und erklomm den waren Berg in Richtung Stadion, wo es dann mit dem Fahrstuhl vom Dach-Eingang (!) der Tribüne runter ins Erdgeschoss ging. Verrückte Welt und fast wie ein riesiger Ameisenhaufen das Ganze - insgesamt zehn Stockwerke waren auf dem Display verzeichnet! Das ist natürlich auch auf die Größe der einzigen vorhandenen Tribünen des heutigen "Estádio AXA"s zu schließen, welche insgesamt 30.154 Plätze bieten. So viele kommen normaler Weise aber lange nicht zum "Sporting Club Braga" und auch heute war eine gute halbe Stunde vor Anpfiff so gut wie gar nichts los. Erst kurz vor Spielbeginn füllten sich die Heimränge und so wurde das Choreobild der rot-weißen Pappen auf Seiten der "Red Boys" (einer von insgesamt zwei Ultragruppen in Braga) sogar recht gut erkennbar. Bei Lech gab es zeitgleich offenbar Probleme am Einlass und erst kurz vor Anpfiff (er?)stürmten die letzten Gästeanhänger den Block, was eine erneute Schlägerei mit den echt kranken Prügelpolizisten zur Folge hatte. Die nahmen auch heute nicht einen Anhänger fest und schafften es damit tatsächlich, dass ich in meinen ersten drei Portugalspielen jeweils wirklich handfeste Kloppereien sehen konnte - verrückte Welt hier unten. Besoners bildlich wurde das dann auch am heutigen Gästeauftritt, die Lech-Jungs dürften aus der Heimat ja einiges gewohnt sein, aber heute war der Support durch die deutlich sichtbaren Blessuren selbst der größten Module quasi tot. So ruhig habe ich 1.500 Polen bei dem wichtigsten Spiel ihrer bisherigen Vereinskarriere zumindest noch nie erlebt..

Sportlich sah es für Lech nämlich gar nicht so schlecht aus - das Hinspiel konnte bei Eis und Schnee mit 1:0 gewonnen werden und auch heute legten die blauen Gäste gleich gut los, scheiterten nach zwei Minuten jedoch knapp. Danach übernahm Braga das Zepter und der erste Distanzschuss wurde von Poznan-Keeper Kotorowski nur halbherzig nach vorne abgeklatscht, so dass Alan bereits nach acht Minuten das Hinspielergebnis ausglich. Das brachte den Portugiesen Überwasser und nach 36 Minuten konnte Lima dann sogar das 2:0 erzielen - welch eine gebrauchte Fahrt für die Gäste und auch für Pierre, der bei Weiterkommen auf das Spiel Lech vs Liverpool spekulierte. Doch auch nach dem Seitenwechsel änderte sich vor den 10.007 etwas einsamen Zuschauern im Ground nicht viel, einzig eine neuerliche Schlägerei, dieses Mal im Braga-Block, ist zu erwähnen. Lech blieb harmlos und kam erst eine Minute vor dem Ende zu einem erwarteten Lattenknaller und direkt im Anschluss zu einem Kopfball, der nur äußerst knapp vorbei ging. Schade, ein Tor hätte den Polen gereicht - so standen sie mit leeren Händen da und nutzten die Blocksperre immerhin, ihre Mannschaft für den dennoch historischen Triumph auf europäischer Bühne zu feiern. Uns kam dies aber auch ganz gelegen, denn so ging es ohne größere Sorgen recht fix zurück in die City, wo ich Harry noch ein Stündchen in seinem gebuchten Hotel zu einem Abschlussbier besuchte. Pierre wollte eigentlich seinen Zug bekommen, da der aber entfiel kam auch er vorbei und so unterhielt man sich nochmal abschließend über die Tour. Erst gegen elf machte ich mich dann zum Busterminal auf, wo Rede Expressos tatsächlich auch mal einen eigenen Bus stellte und die Rückfahrt also im Internet verbracht werden konnte. Porto wurde dann gegen Eins erreicht und zu Fuß ging es ein letztes Mal durch die dunkelen Gassen zum Yellow Hostel.

Am Freitagmorgen hieß es dann Sachen packen - eine wirklich tolle Woche in Portugal nahm ihr Ende und so ging es ein letztes Mal mit der Straßenbahn-Metro zum Flughafen. Dabei wurde man sogar auf Fahrscheine kontrolliert - das kommt hier wohl doch recht häufig vor, also Obacht! Am Flughafen gröhlten dann noch eine ganze Horde Lech-Leute, die zum Glück aber nicht nach Bremen, sondern nach Frankfurt-Hahn fliegen wollten - keine Ahnung wieso. Der Flug nach Bremen ging dann leider mit etwas Verspätung los und somit landete man im bewölkten Deutschland leider genau so, dass der geplante Zug nicht zu erreichen war. Die neue Stunde wurde daher mit einem Fußmarsch durch die Hansestadt verbracht und Braunschweig erst um 20.41 Uhr erreicht. Zufrieden ist man aber natürlich dennoch - Portugal war wirklich der erwartet schöne Länderpunkt, der sportlich und dank der echt kranken Polizei auch die Spiele zu wirklich guten Partien machte. Gerne wieder :-)!

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