„Dieses Gefühl ist nicht zu beschreiben“
Eintracht Braunschweig 1:1 (1:1) Rot-Weiß Erfurt
08.05.2010, 13.30 Uhr, EINTRACHT-Stadion (Braunschweig), 18.550 Zuschauer (ausverkauft)
Durchaus vielversprechend fing das wohl letzte Punktspielwochenende der abgelaufenen
Saison an: Nachdem am Freitag bei Thilos Talk den Anekdoten vom "Adler" Bernd Franke
und von Dietmar Erler gelauscht werden durfte, hieß es am Samstag dann früh aufstehen.
Frei nach dem Motto "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" sollte nämlich vor dem Stadionbesuch
noch etwas für die eigene gesellschaftliche Verpflichtung getan werden, im Zuge des "Volksbegehren
für gute Bildung" hieß es am frühen Morgen Unterschriften vor dem Schloss sammeln. Das gelang
auch um einiges besser als erwartet, auch wenn es schon kurios ist, was für Freaks man in der
Stadt bei so 'ner Unterschriftensammlung begegnet. Vom Punker, der gerne unterschreiben will,
aber keine aktuelle Adresse angeben kann, bis zum Opa, der sich das "preußische" (!) Bildungssystem
zurückwünscht, war alles dabei. Ansonsten war ohnehin vor den Kommerzarkaden recht großer Auflauf,
der 08. Mai hat schließlich ein geschichtsträchtiges Gewicht, wurde Deutschland doch just an einem
achten Mai vom Faschismus befreut. Folglich tummelte sich einiges Demonstrationsvolk auf dem Platz
zwischen den Pferden, in der Hauptsache Vertreter des autonomen schwarzen Blocks, von dem heute anwesende Teile
ja vor nicht allzu langer Zeit nicht nur schwarz, sondern auch blau-gelb getragen haben. Aber gut, das
ist eine andere Sache..
Gut eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff hieß es dann für mich Zelte abbrechen und gen Stadion zu fahren.
Die Straßenbahnen waren auch erwartungsgemäß recht gut gefüllt, schließlich war das heutige Spiel nicht
erst seit gestern ausverkauft. Ist natürlich eine schwierige (und wohl unendliche) Diskussion, ob jetzt jeder seine Karte auch verdient hat - Fakt ist, dass man durchaus wissen konnte, dass das Spiel
sold out werden dürfte. Und wer da nicht reagiert hat halt Pech gehabt, auch wenn in der Straßenbahn natürlich
wieder ein großes Karnevals-Super-Duper-Volk unterwegs war. Ob es so produktiv ist, um zwölf Uhr und noch
vor Betreten des Stadions eine Flasche Wodka zu leeren, sei einfach mal dahingestellt.. ;-).
Im Stadion wurde nach kurzen Begrüßungen sofort die Position im Innenraum in Beschlag genommen, stand heute
doch einiges auf der Tagesordnung: Zum Abschluss hatte Cattiva eine Choreo für die Gegengerade gebastelt,
"Eintracht" sollte es am Ende in blau-gelben Papptafeln heißen, dazu ein Spruchband "Dieses Gefühl ist nicht zu
beschreiben". Treffende Aussage, leider schmälerten ein paar Personen im Block 14 das Gesamtbild, da sie
eigene Spruchbänder unbedingt zeitgleich zur Choreo hochhalten mussten. Macht das doch einfach ein-zwei Minuten
später, Jungs..
Aber auch sonst ein feines Gesamtbild im Stadion, die knapp 1.200 Gäste in ihren zwei Nordkurvenblöcken hatten
ebenfalls eine kleine Choreo zur Stadionverbotssituation am Start. Optisch also alles sehr nett und auch die
ständig "wachsende" Nordkurve kann sich langsam sehen lassen - wird schon ein rundes Gesamtbild werden. Aber gut,
kommen wir zum Sportlichen: Auch wenn in den Medien im Vorfeld natürlich immer noch die Restaufstiegschance
beschworen wurde, ich selbst ging doch recht entspannd in den heutigen Kick. Ingolstadt muss zu Haus verlieren
und wir zeitgleich gewinnen, damit der Strohhalm Relegation noch gegriffen werden kann. Möglich, aber eher unverscheinlich
und da man mit dem unerwartet Erreichten sowieso recht zufrieden ist, sollte das heute eh nur eine Kürveranstaltung
werden. Das sahen dann wohl auch die anderen gut 17.000 Braunschweiger so, die eine wirklich gute Stimmung über die
komplette Dauer des Spiels an den Tag legen. Das eigentlich gar nicht so melodische "Werdet zur Legende" hallte
mal lauter und mal leiser durch das Stadion und bereits in Halbzeit eins stand die Gegengerade nicht nur einmal.
Die Mannschaft zeigte eine passende Reaktion und gab auch gleich zu Beginn ordentlich Gas - mit dem entsprechendem
Ergebnis: Kumbela konnte nach zu kurzer Abwehr zum 1:0 nach nicht mal zehn Spielminuten einschieben. Entsprechend
gepusht nun die Atmosphäre, die aber wiederrum nur zehn Minuten später erstmal ersticken sollte: Nachdem Eintracht
ein Gewühl im Strafraum nicht richtig klären konnte und Petkovic auf der Linie nicht wirklich konsequent wirkte,
erzielte Erfurts Youngster Kammlott den unerwarteten Ausgleichstreffer. Das hatte eine leichte Verkrampfung auf blau-gelber
Seite zur Folge und so blieb es beim Remis zur Pause.
Nach dem Seitenwechsel zeigte die Südkurve zunächst ein Spruchband für den Präsi Ebel, dem man sich inhaltlich erneut
nahtlos anschließen kann. Auf dem Platz ging es wie schon in Halbzeit eins recht verkrampft weiter, irgendwie waren
unsere Jungs nicht mehr mit dem Kopf bei der Sache. Daran änderten auch die (vielleicht für immer letzten?) Einwechselungen
des Kings und Morabit wenig, auch Banser konnte kurz vor Ende sich nur noch körperlich in Szene setzen. Man selbst
fieberte nun aber dann doch ein wenig und raste auf der Tartanbahn von Person zu Person ("Wie steht's denn nun in Ingolstadt?"),
um dann die wasserdichten Infos direkt an Schanda weiterzugeben, der nicht nur einmal fragende Zeichen zu den Fotographen
sendete. Hätten dem vielleicht mal was von einem 3:0 für Sandhausen erzählen sollen, dann wäre es sicher nochmal lustig geworden :-).
So blieb es weiter zerfahren und zu allem Überfluss wurde Henn noch ein Treffer zum 2:1 aberkannt - gut, änderte aus unserer
Sicht eh nichts, Ingolstadt spielte Remis und sicherte sich so aus eigener Kraft den Relegationsplatz. Irgendwie störte
das aber sowieso nur die Wenigsten, es wurde fleißig weitersupportet und nach Abpfiff zum "Danke für die geile Saison"-Plakat
ein kurven-eigenes You'll never walk alone initiiert. Schon ein schöner Moment, es stimmt einfach zwischen Fans und Mannschaft.
Das wurde dann auch bei der obligatorischen Schlussfeier deutlich: Nachdem Teile der Spieler mit passenden Utensilien versorgt wurden
(u.a. dem "organisiertes Verbrechen"-Banner und einem "Pro Pyro"-T Shirt für einen leicht schmunzelnden Kruppke) durften alle auf Spieler
auf den Zaun und die Humba machen. Die stimmten Danneberg und Pfitzner dann auch mal direkt via Stadionmirko an und so erklang in
bester Qualität und Lautstärke das "Gebt mir ein Scheiß 96" - hoffentlich haben gewisse Ohren das nicht gehört (und dabei auch hoffentlich die feierfreudigen Wanderers+Friends auf der Tartanbahn übersehen:-)). Bewegend wurde
es dann noch, als Lieberknecht nach mehrfachen Aufforderungen auch den Zaun bestieg und dabei sichtlich zu weinen anfing, der Mann
lebt den Sport einfach! Es spricht schon eine deutliche Sprache, dass ein Trainer, der wohl mehr als manch anderer der letzten Jahre
mit kritischen Augen betrachtet wurde, derartige Anerkennung genießt. Insbesondere das Verhältnis "Verein - Südkurve" ist in den vergangenen
Wochen und Monaten enorm gewachsen, so soll und muss es weitergehen!
Von den Eindrücken entsprechend geprägt, ging es schließlich zurück zur Haupttribüne und anschließend zur Gaststätte. Hier erfuhr man
unpassender Weise von dem Zwischen- und letztlichem Endergebnis der Hannos in Bochum - wirklich keine Ehre im Leib, die Söldner in blau-weiß!
Der Frust wurde dann mit den 500 Freibierlitern von Krombacher (nie mehr, nie mehr..!) runtergespült und sich sonst auch bei schönem Wetter
ganz nett unterhalten. Mit Thilo, Holgi und noch ein paar anderen Leuten ging es ganz zum Schluss noch in den Cattiva-Raum, wo sich
ein kleines Stell-Dich-Ein der Fanszene tummelte und so der Abend ein würdiges Ende irgendwo und irgendwann fand. Danke, insbesondere
für die schöne Rückserie - auch wenn es nicht ganz gereicht hat, wurde doch mehr erreicht, als man selbst vermuten und hoffen durfte.
Im kommenden Jahr geht's dann richtig los und irgendwie hab ich auch ein gutes Gefühl - muss also nur noch die dumme Sommerpause überstanden werden :-).