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„Kann man besser nicht machen“

 

Manchester United 1:0 (1:0) Bursaspor
20.10.2010, 19.45 Uhr, Old Trafford (Manchester), 72.610 Zuschauer

 

Manchester City 3:1 (2:0) KKS Lech Poznan
21.10.2010, 20.05 Uhr, City of Manchester Stadium (Manchester), 33.388 Zuschauer

Und manchmal hat man im Leben auch einfach mal Glück. Klingt ein bisschen nach der dem Prisma-Horoskop, trifft aber so ziemlich genau meine Gefühlslage, als ich den Plan der "Einführungswoche" für den Start meines Studiums erhielt. Der besagte nämlich, dass ich de facto nur Montags und Dienstags ernsthaft auf dem Campus gebraucht werden würde, da an den anderen Tagen für mich uninteressante Fächer zu ihrer Vorstellung kommen sollten. Wieso ich das alles erzähle? Weil ich mich eigentlich schon grün und blau geärgert hatte! Wieso musste dieser dämliche Studiumsbeginn ausgerechnet in dieser Woche liegen, in der sich die seltene Gelegenheit ergeben hätte, sowohl Manchester United, als auch den Lokalrivalen City mit absolut brauchbaren Spielen direkt hintereinander kreuzen zu können? Und als Rocky und Sandra noch verkündeten, genau für diese Spiele eine Tour gebucht zu haben, stieg mein Neid dann doch ins Unermässliche, das war doch einfach nur ungerecht! Aber nun schließt sich dann doch der Kreis zur Eingangsthese, manchmal hat man im Leben halt Glück und dank der günstigen Einführungswochen-Terminierung war ich wieder flexibel und voll im Geschäft. Konkret hieß das, noch halbwegs bezahlbare Flüge nach UK zu finden, was in Form eines Germanwings-Returnflugs von Hannoi nach Stansted auch gelang. Gut, knapp 100 Euro sind dafür wahrlich kein Schnapper der Marke Ryanair, kurzfristig ging es aber eben nicht billiger und dafür konnte man sich auch die Gondelei nach Bremen ersparen.

Dank der unchristlichen Abflugszeit von irgendwann um sieben Uhr war aber dennoch frühes Aufstehen geboten und mit kleineren und größeren Komplikationen klappte dies dann auch und man erreichte den Flughafen im Feindesland ziemlich genau pünktlich. Los ist da ja ohnehin quasi nie was und weil die Duty-Free-Läden ohne erkennbaren Biervorrat auch eine Katastrophe sind, beschränkte sich der Aufenthalt auf ein absolutes Minimum. Ohnehin überwog ja eh noch die Müdigkeit, gegen die jedoch dank der ganz schlau beim Online-Checkin ausgewählten Plätze am Notausgang direkt etwas getan werden konnte. Beinfreiheit olé und auch sonst war im Flieger nicht viel los - zumindest die London-Route scheint sich für die sonst gar nicht so unsympathische Germanwings-Airline zum Verlustgeschäft zu entwickeln..

Die Landung auf der britischen Insel erfolgte erwartungsgemäß pünktlich und so hatte man ausgiebig Zeit, sich mit der etwas ungewohnten Situation auseinander zu setzen, denn an dem Terminal bin ich wohl zuvor noch nie gelandet. Zur Prämiere ging es dafür gleich mal mit der halb-neuen Einschienenbahn über diverse Tunnel und Kanäle zum Hauptgebäude, welcome to Stansted Airport! Es folgte der obligatorische Spar-Menu-Einkauf im gleichnamigen Sparmarkt (geniale Erfindung!) und nach etwas Aufenthalt zunächst ein Terravision-Bustransfer in Richtung Victoria-Station und damit die City of London. Das ist wegtechnisch zwar nicht unbedingt vorgesehen gewesen, finanziell aber die billigste Route. Immerhin sah man bei strahlender Sonne so dann nochmal den Big Ben und konnte sich die Zeit gemütlich mit einem Sparziergang über den Colonnade Walk an der Couch-Station überbrücken, ehe es mit NationalExpress weiter gen Norden ging. Dank eines Funfare-Schnappers geschah das auch äußerst günstig und ohne Staus oder ähnliche Katastrophen wurde Manchester am frühen Nachmittag erreicht. Hier stiegen dann neben mir sowohl der einen Platz weiter sitzende Klischee-England-Hool, als auch eine von eben diesem kritisch beäugte Masse Exiltürken in Bursasportrikots aus - die Vorboten des heutigen Kicks.

Bevor es sich aber um das Spiel drehen sollte, stand zunächst der Check-In im gebuchten "Hatters"-Hostel auf dem Programm, welches nach kurzem Fußmarsch problemlos erreicht wurde. Knapp 25 Pfund im Viererzimmer sollte die Übernachtung hier zu buche schlagen - wahrhaftig kein Schnapper, aber billiger geht's in Manchester einfach nicht. Und im Gegensatz zu dem Neuseeländer, der unreserviert neben mir eincheckte und für einen 16er Raum gleich mal 37 Pfund zahlte, lag ich mit meiner Hostelworld-Reservierungsnummer auch nicht ganz so falsch. Die Sachen konnten also erstmal verstaut werden und auf Einkaufstour gegangen werden. Der angestrebte Tesco-Markt wurde auch schnell gefunden, dummer Weise akzeptierte dieser aber meine Mastercard nicht, was sowohl den Verkäufer, wie auch mich doch etwas verwunderte. Hoffentlich wurde da nicht doch abgebucht, hiermit sei eine mögliche Einzugsermächtigung nochmal dringlichst verboten :-)!

Aus Frust über das gescheiterte Kauf-Manöver wurde also zunächst in eine Chicken-Pommes-Box beim anliegenden Döner-Laden investiert und dann halt wenig später dem Sparmarkt am Piccadily-Platz der Zuschlag gegeben. Biere, Chips und Wasser gab es schließlich auch hier zu humanen Preisen, auch wenn bereits um 17 Uhr fast alle Dosen konsequent weggekauft waren. Haben halt Durst, die Engländer.. :-) Hatte ich aber langsam auch irgendwie und so wurde mal Kontakt mit Melse und Rocky aufgenommen, die sich aber entgegen der eigentlichen Planung noch weit vor Manchester in einem Stau befanden. Also hieß es noch so etwas rumwarten (Sightseeing wurde bereits in der Vergangenheit zu Genüge betrieben) und man verkroch sich halt schließlich nochmal kurz im Hostelzimmer und kam das erste Mal mit den wohl sinnbefreitesten Wasserhähnen der Welt in Kontakt..

Gegen sechs kam von den anderen beiden dann SMS, man wäre demnächst wohl da und so wurde halt wieder durch die Innenstadt gelatscht und am Days Hotel gewartet, welches vom Boxer im Vorfeld gebucht worden war. Tatsächlich erreichten wir dann auch ungefähr zeitgleich das Ziel und nach kurzem Hallo-Sagen sollte es dann auch fix zum Stadion gehen, die Zeit wartet schließlich nicht. Beim Fußweg bemerkte man dann auch, dass sich das gebuchte Hotel der beiden mitten im Homosexuellen-Viertel der sonst quasi nur aus Universitäten bestehenden Stadt Manchester befand. Machte ein bisschen einen Eindruck wie in Amsterdam, wobei das vorbeigehende Schwulenpäärchen mit ihrem in feinstem Akzent ausgesprochenen "Exactly" doch für ein leichtes Grinsen sorgte und auch die Straßennamen wie "Princess Street" und "Sackville Street" sorgten für leicht zweideutigen Humor :-). Bei nun auch einsetzender Dunkelheit traute man sich dann auch, die ersten Bierdosen zu öffnen und um auch ja nicht irgendwie aufzufallen, wurden sogar auch artig Tickets für den Transfer zum Old Trafford-Stadion in Stretford gekauft. Nötig wäre es in der gut gefüllten Bahn zwar nicht gewesen - aber man hat ja auch was zu verbergen und hätte zur Not ja die Carlsberg-Kundenhotline (siehe Foto) anrufen können :-)

Die Haltestelle zum Stadion wurde dann aber ohne Probleme und/oder hüpfende Gröhfans erreicht und wenig später befand man sich dann auch schon vor dem "Theatre of Dreams", dem legendären Old Trafford-Stadion. Auch wenn ManU durch seinen Verkauf an die Glazer-Imperialisten sicher einen großen Teil seiner Seele und Identität verloren hat, die Anwesenheit an diesem fußballgeschichtsträchtigen Ort machte schon echten Eindruck, bedenke man nur, was hier schon für Schlachten und Spiele ausgetragen wurden. Entsprechende Fotosessions am Sir Matt Busby Way und dem Drumherum waren also nur logisch und nachdem die Bilder alle im Kasten waren, hieß es sich nun erstmal zu trennen, da man zwar Tickets auf der gleichen Tribüne, jedoch nicht im selben Block geordert hatte. Tatsächlich saß man dann aber schon fast in Sichtweite, entgegen der Befürchtungen füllte sich aber auch der gebuchte Block im Oberrang der normalen Gästekurve bestens. Optisch und für die Statistik einerseits schön, anderseits nervte der Umstand, dass viele Tickets wohl for free an Schulen der Umgebung gingen doch schon etwas - helles Gekreische passt halt nicht so ganz in meine Vorstellung von englischem Fußball. Immerhin machte sich in meinem direkten Umfeld ein eher normales ManU-Fanvolk breit, die natürlich auch alle ihren gelb-grünen Schal trugen. "Gelb-Grün"? Ja, ihr lest richtig, jeder ManU-Fan, der etwas auf sich hält geht derzeit mit dieser Farbkombi ins Stadion. Und ausnahmsweise ist dafür auch mal kein schlechter Marketing-Gag verantwortlich, sondern vielmehr die Solidarität gegen die Glazer-Übernahme, da gelb und grün die Urfarben des Vereins sind und somit die (unkäufliche) Tradition symbolisieren sollen. Wusste ich vorher auch nicht, angesichts der Masse an entsprechenden Schals war man aber schon etwas überrascht.

Wenig überrachend kam da schon die Startaufstellung der Gastgeber am heutigen Tag: Während man beim türkischen Überraschungsmeister aus Bursa ja ohnehin keinen Spieler im Vorfeld kannte, hatten sich bei United die Hoffnungen auf Stürmer-Star Wayne Rooney ja bereits frühzeitig erledigt. Der liebäugelte zu der Zeit noch mit seinem angedachten Vertragsausstieg - der aus heutiger Sicht dank der Erhöhung des Wochenlohns (!) auf schlappe 250.000 Pfund aber auch zu den Akten gelegt werden konnte. Gegen Bursaspor war er zumindest nicht mit von der Partie und auch sonst schickte Sir Alex Fergurson eher eine halbe B-Elf auf das Spielfeld. Einer der wenigen bekannten Akteure war da noch der Portugiese Nani und der rechtfertigte seine Bekanntheit dann auch bereits nach wenigen Minuten mit dem 1:0-Führungstor aus einem Distanzschuss. Das war zu diesem Zeitpunkt auchverdient und so auch zu erwarten - und man erwartete natürlich auch, dass sich nun noch etwas auf dem Platz tun würde und ManU die Türken erwartungsgemäß davonballern würde. Doch statt eines schönen Torfestivals ließ der Favorit den Ball nun laufen und laufen, passte hier und passte da und machte, soviel sei gesagt, trotz kleinerer Chancen kein Tor mehr. Bursaspor gelang dies aber natürlich auch nicht (hatten die überhaupt einen Torschuss?) und somit konnte man sich im Verlauf des Spiels lieber den Randerscheinungen und der Stimmungsanalyse widmen. Letztere fiel insgesamt aber auch recht enttäuschend aus, immerhin 72.610 können auch verdammt ruhig sein. Die gut 500 Türken (weniger als erwartet, insbesondere kaum Exil"fans") zelebrierten zwar fleißig Dauergesänge und Hüpfeinlagen, kamen mit ihrer Masse in dem Riesenground aber kaum durch. Und auch die Provokation einer Gruppe Besiktas-Leute, die aus unserem Block mit einem Banner für Aufsehen erregen wollten, schien den grün-weißen wohl entgangen zu sein, was angesichts der fixen Weghaftung der Störenfriede aber nicht weiter verwundert. Immerhin gab es gegen die Hinausbeförderung auch seitens der englischen Normalfans Solidaritätsbekundungen, die aber leider beim bloßen Pöbeln blieben. Ansonsten war viel Stille im Rund angesagt, die aktive Szene scheint wohl wirklich komplett zum FC United of Manchester abgewander zu sein und haben nur die vielen "Love United - Hate Glazer"-Aufkleber hinterlassen. Und so wurde es wohl am Lautesten, als Alex Fergurson ganz im Stile eines hochdekorierten Generels nicht nehmen ließ, zu Beginn der zweiten Halbzeit erst nach Wiederanpfiff aus den Katakomben zu kommen - und entsprechende Standing Ovations von der Haupttribüne erhielt, die dann mit einer Parade-Geste seinerseits beantwortet worden. Da standen selbst die Ordner am Spielfeld - wobei das wohl weniger eine Eherbietung, als das routinierte Sicherheitsstehen der Typen war, die sich auch sonst bei jeder Standardsituation von ihren Plätzen aufraffen mussten. Alles in allem überzeugte das Stadion in seiner Art und Architektur natürlich schon, stimmungsmäßig war es aber der erwartete Offenbahrungseid oder auch: der Tod des modernen Fußballs..

Nach Abpfiff rückten auf dem Platz gleich die Rasenmäher an und wir verschlugen uns in die abströmenden Fanmassen, wobei sich der Großteil der Besucher schon während unserer letzten Fotoreihe im leeren Stadion davongemacht hatte. Entsprechend fix (und mit ein paar Trick-Manövern) gelang dann das Besteigen einer Bahn, die uns wieder zurück ins Zentrum brachte. Passender Weise befand sich mein am Nachmittag schon für gut befundener Sparmarkt direkt gegenüber von der Straßenbahnhaltestelle und so wurde der lose angedachte Plan, in der Partymeile Deansgate zu versacken in Richtung Hotelzimmer verlagert. Letztlich eine weise Entscheidung, konnte man da doch die Zusammenfassungen der anderen Spiele im TV genießen, hatte es obendrein schön gemütlich warm und durfte sich zuvor im Sparmarkt noch über die Alkohol-Warnschilder amüsieren :-). Das behagte derart, dass die vier Dosen im Pint-Format ratzfatz leer waren und Melse also schnell ins Bettchen konnte, damit sich ihre "Verletzungen" durch den ungewollten Sturz am Vortag in London auskurieren sollten. Da zeigte man natürlich Verständnis und torkelte zu später Stunde auch zurück ins Hostel, gute Nacht!

Gute Nacht war eben, guten Morgen ist jetzt - wobei so gut verlief der Morgen gar nicht mal. Nein, es waren keine Kopfschmerzen, die mir bereits zu früher Stunde zu schaffen machten - die Blase hatte ein offensichtliches Kapazitätsproblem mit den im Schnelldurchlauf inhalierten Pint-Dosen und drohte wohl bald zu platzen. Also wurde die persönliche Rekord-Dauer-Einlage auf der Toilette hingelegt und nach deren wohltuendem Ende folgte die genauso angenehme Dusche. Der Start in den Tag war also geglückt und ein letztes Mal ging es also zurück zum Hotel der Mitstreiter, welche dieses auch wenig später verließen und es somit zu dritt zu deren Mietwagen ging. Ab jetzt sollte die restliche Tour gemeinsam bestritten werden und daher überließ man die Vormittagsplanung mal den fussballtouristischen Planungen, die zunächst in dem Besuch am Stadion des heutigen Abendspiels von Manchester City bestanden. Tickets sollten schließlich noch geordert werden, doch da dies um die Zeit noch nicht möglich sein sollte, musste halt eine Alternative her. Die lag dann erwartungsgemäß im Bereich "Shoppen und Zeit totschlagen", hier chronologisch aufgelistet: Nachdem der Markt und die Läden um Stretford nicht ganz so ergiebig waren, ging es zurück in den "The Quays"-Stadtteil, der nicht unweit des Old Trafford-Stadions liegt. Passender Weise befindet sich dort neben dem Imperial War Museum auch eine anständige Arkadenlandschaft á la ECE-Center und so vertrieb man sich dort die Zeit mit den üblichen UK-Lädenbesuchen (Klamotten, Schuhe, Süßigkeiten, Plunder). Die Zeit bis zum Nachmittag war somit überbrückt und weil die Sonne nach wie vor vom Himmel lachte, wurde zusätzlich noch ein wenig am Ufer des Hafenbeckens gechillt und sich mit einer ganz spezifischen Gänse-Enten-Gattung auseinandergesetzt. Sehr ulkige Viecher :-)! Die letzte Etappe des Vergnügens lag dann in einer ungewollten Mini-Stadtrundfahrt (Navis sind manchmal auch nicht alles), die an der schönen, alten Hauptuniversität (hat was von Hogwarts) vorbei zu einem Sailsbury-Markt führte, wo dann auch flüssige und feste Nachrungsmittel eingeholt wurden. Trotz der angesprochenen Orga-Probleme wurde die Autofahrt aber nie langweilig, im Schwulen-Viertel um das Hotel der anderen hatte man zuvor die Werbung für den hauseigenen Sender "Gaydio" gesehen und den dann auch gleich mal geortet. Fazit: Irgendwie muss man sich wohl schon Sorgen machen, dass ausgerechnet Gaydio genau die Musik bediente, die wir sonst ganz gerne so auf Auswärtsfahrten hören, au weia! :-)

Bei langsam einsetzender Dunkelheit wurde das "City Stadium of Manchester" dann ohne Probleme erreicht und da sich der Andrang noch mehr als überschaubar war, parkte man (so dachte man zumindest..) kostenneutral in einer Nebenstraße am Stadion. Zu Fuß waren es von dort keine zehn Minuten und schon stand man vor dem äußerlich ganz nett wirkenden Bau der Citizens, die sich selbst dank Scheich-Millionen als die kommende Nummer eins in England sehen. Schlappe 145 Millionen Pfund wurden zur aktuellen Spielzeit in neues Spielermaterial investiert, sportlich rangiert man in der Liga zumindest auf Tuchfühlung zu den ganz oberen Tabellenplätzen. Das heutige Duell in der Europa League gegen die für den geneigten Mode-Fan eher unbekannten Polen von Lech Poznan zog entsprechend noch nicht so die heimischen Fans an, selbst beim vorhergegangenen Spiel gegen Juventus Turin war das Stadion nicht ansatzweise ausverkauft. Rocky und Sandra hatten also im Vorfeld auf eine Ticketorganisation verzichetet und folglich führte der erste Weg zum entsprechenden Office. Ich hatte mich bereits anderwertig auf die Gästeliste von City setzen lassen und war entsprechend versorgt und staunte daher auch nicht schlecht, als Rocky nach einigem hin und her ankam und meinte, es hätte keine Karten für den Heimbereich gegeben. Vermutlich aus Angst vor Gästefans, die sich im Heimbereich eindecken könnten, wurde für das heutige Spiel einfach mal eine Pflichtzahl an Loyality-Points ausgegeben und so blieb meinen beiden Mitstreitern nur noch die Option des Gästeblocks. Wer die Fanszene von Lech kennt und/oder den Bericht der vorhergegangenen Polen-Tour gelesen hat, weiß, was dies für ein Wagnis sein kann und entsprechend genervt und frustriert war dann auch die Stimmung bei den Beiden. "Fucking Club", wiederholte Melse nicht nur einmal - es half trotzdem nichts, am Stadioneingang trennten sich erneut unsere Wege..

Bevor es jedoch ins Stadion gehen sollte, wurde noch schnell die Ankunft des aktiven Lech-Mobs begutachtet, der mit Hubschrauberbegleitung aus dem Stadtzentrum zum Stadion geführt wurde. Als Begleitung am Boden standen england-typisch nur ein paar Bobbys Spalier und so nutzte es der eine oder andere Kibice, sich bei einem kleinen Sprint und entsprechenden Schubsereien aus dem Mob zu lösen und etwas Unfrieden unter den irritiert dreinblickenden ManCity-Fans zu streuen. Die waren außerhalb des Stadions aber ohnehin in mehrfacher Unterzahl und tummelten sich wenn dann auch um den Haupttribünenbereich, wo wenig später auch die Mannschaftsbusse ankommen sollten. Nachdem das auch noch beobachtet wurde, wurden die vorgesehenen Plätze auf Mittellinienhöhe dann erklommen und man staunte schon nicht schlecht: Nicht nur das optisch sehr nette, weil durch angenehm blaue Sitzschalen ausgestattete Stadion wusste zu überzeugen - nein, es war die Anzahl an Lech-Fans, die einem wahrlich die Augen öffneten. Neben dem bekannten Hintertor-Gästeblock, füllte Poznan mal eben den gesamten Oberrang der Gegengerade und kam so auf locker 8.000 mitgereiste Polen. Damit hätte wohl kaum einer im Vorfeld gerechnet und bereits jetzt war klar, dass das heute eine sehr nette Nummer auf den Rängen werden würde. Fehlte also nur noch das Intro, welches sich dann gewohnt unspektakulär britisch präsentierte. Auf Heimseite wurde eine Sponsorenfahne gehisst und via Werbebande dem Scheich für das geschenkte Geld gedankt - na ganz toll. Lech verzichtete auch auf optische Mittel, sorgte mich brachial lautem Gesang aber für ordentliche Stimmung im Stadion. Links und rechts neben dem Gästeblock hatten sich passender Weise auch noch die City-Pöbelblöcke eingefunden und so wurde bereits ab Spielminute eins herzhaft hin und herbeleidigt, wobei die Gastgeber um einiges lauter waren, als im Vorfeld vermutet. Kein Vergleich in jedem Fall zu dem Totentanz am Vortag in Old Trafford, hier war Fußballatmosphäre angesagt und auch auf dem Platz sollte es gleich fix rund gehen: Der zuletzt viel gescholtene Emanuel Adebayor traf in Minute 14 und 25 doppelt und sorgte sportlich schnell für klare Verhältnisse. Das wiederrum sorgte im Poznanblock erwartungsgemäß für gar nicht so glückliche Gesichter und als die City-Jungs nach dem 2:0 auch noch zur Provokation anfingen, Poznan-Gesänge und Hüpfeinlagen zu imitieren, platzte einigen Polen die Hutschnur und es wurde sich fix vermummt und mal gen Nebenblock geschaut. Damit rechneten die bequemen Premier League-Engländer natürlich nicht sofort und zogen sich erstmal zurück, so dass die Bobbys ihre Fantrennungskette in Ruhe verdoppeln können - andere Länder, andere Sitten :-).

In der Halbzeit wurde das wirklich Weltklasse-Stadionheft von City in Ruhe gelesen (damit kann man sich wirklich locker eine Viertelstunde beschäftigen, Statistiken en masse!), ehe bei leichtem Nieselregen beide Mannschaften wieder auf's Feld kamen. Insbesondere der äußert motivierte Poznan-Trainer hatte seinen Jungs wohl ordentlich dampf gemacht und entsprechend forsch gingen diese auch zu Werke - mit Erfolg: Tshibamba erzielte nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff den Anschlusstreffer und sicherte damit den Bestand der ohnehin schon guten Gästestimmung, die übrigens auch mit einem coolen Trommelrhythmus punkten konnte (für Polen ja eher untypisch). Die Lech-Module zogen zur Freude das Tages dann auch noch Oberkörperfrei und zeigten ihre Tattos - irgendwas muss man den Leuten da ins Essen tun, so eine Masse an Riesenmenschen ist doch nicht normal :-). Nur normal war hingegen dann leider der sportliche Weitergang - Lech nutzte seine Chancen nicht und wieder mal Adebayor machte nach schöner Vorlage das entscheidene 3:1. Damit erzielte er laut Rocky übrigens sogar einen britischen Hattrick, da es auf der Insel egal ist, ob eine Halbzeitpause dazwischen liegt. Sollte ihm aber wohl auch egal sein, City erfüllte auch ohne den Einsatz von Jerome Boateng seine Pflichtaufgabe und der Schiri konnte pünktlich abpfeifen.

Nach einem kurzen Sturzbier ging es für mich dann auch fix zurück zum Auto, wo die an für sich gute Stimmung ob des netten Spiels dann leider noch einen herben Dämpfer erhielt: Die so einladend aussehende Nebenstraße erwies sich leider als fiese Falle, da man ein Schild zum Thema Parkverbot leider falsch gedeutet hatte. 35 Pfund werden nun also fällig, shit happens.. Ändern konnte man das jetzt ohnehin nicht mehr und mit Rocky am Steuer ging es durch die Nacht wieder zurück in Richtung Stansted. Zwischendurch wurde noch eine kleine Schlafpause eingelegt und obendrein bei Dunkelheit noch der Sherwood-Forest in Nottingham durchkreuzt (Kindheitstraum:-)), ehe der Parkplatz der Mietwagenfirma gegen drei in der Nacht erreicht wurde. Hier wurde im Auto noch ein wenig weitergedöst und leicht genervt hieß es dann am frühen Morgen Abschied nehmen. Rocky und Sandra wurden von Ryanair sicher nach Bremen gebracht, selbiges vollbrachte Germanwings bei mir in Richtung Hannoi, wo selbstredend wieder keine Sekunde zu lange geblieben wurde und es fix zurück in die schönste Stadt der Welt ging...

Nachtrag: Das schreibt übrigens die Vereinshomepage von Manchester City über den Auftritt der Lech-Fans: "They were backed here by 3,000 fans from Poland and another 4,500 who had been drawn from all over Britain. It made for a lively atmosphere on a raw evening and even the opening goal of the contest didn’t prevent those visitors behind the goal going through their party pieces including turning their backs on the contest and bouncing."

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