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„Neuer Diskussionsstoff in Rostock“
FC Hansa Rostock 2:1 (0:0) Eintracht Braunschweig
26.09.2010, 13.30 Uhr, DKB-Arena (Rostock), 13.000 Zuschauer
Zweifellos, am heutigen Sonntag sollte wohl das Auswärts-Saisonhighlight steigen, ein
Gastspiel beim FC Hansa Rostock ist immer eine feine Sache und insbesondere
als Braunschweiger verfolgen einen schließlich auch aus der jüngeren Geschichte unterschiedlichste
Anekdoten. Da wäre aus sportlicher Sicht natürlich der grandiose und damals unerwartete
3:2-Erfolg in der ersten Zweitligasaison unter Michael Krüger - und um beim Thema zu
bleiben auch das katastrophale 0:4 ein knappes Jahr später unter "Rekord"-Trainer Vasic.
Und auch in diesem Jahr war man angesichts der bisherigen Ausbeute beider Teams durchaus auf ein spannendes Match vorbereitet, denn auch wenn der alte Regionalliga-Fuchs
und nächste BTSV-Bezugspunkt Peter Vollmann es nicht wirklich wahrhaben will: Seine
neuformierte Kogge nimmt zumindest langsam Kurs in Richtung Zweitliga-Ufer, auch
wenn man bisher davon nur die obersten Etagen des Neptun-Hotels sehen dürfte.
Aus Fansicht könnte man über die Duelle natürlich auch gleich mehrere Zeilen verlieren,
der Begriff "Stendal" und die Geschichte um die VW-Löwen, die vor ein paar Jahren mit
ein paar Scheiben weniger im Bus nach Hause fuhren und heute aus ähnlichen Gründen
gleich ganz daheim blieben, seien nur exemplarisch erwähnt. Entsprechend hoch durfte das Spiel dann auch sicherheitspolitisch eingestuft werden und so wurde der Kartenvorverkauf bereits
komplett im Vorfeld abgewickelt und jeder anreisende Fan erhielt den Hinweis, doch am
Spieltag zum Bahnhof zu kommen, um von dort in Richtung Stadion geleitet zu werden.
Für die knapp 680 Sonderzugfahrer, bei denen heute zur Ehre des gestrigen Todestages
von Ronny (krass, wie schnell ein Jahr vergeht ..) die Farbe schwarz dominierte, war diese
Weisung natürlich logisch, wir als Mitfahrer des Ballerbusses entschieden uns aber ebenfalls
für diese Maßnahme - und sollten uns somit die Sicherstellung des wirklich vollen Ausflugsprogramms gewährleisten.
Aber gut, der Start erfolgte natürlich zunächst in Braunschweig, als der heutige Fahrer Rossi den Bus chronologisch befüllte. Die Clemens-Gang wurde eigens in den heimischen vier Wänden eingeladen und vom Namensgeber gab es dafür die übliche Siegerration Wolters "im Frack" - hjam hjam :-). Und während man so über den direkten
Weg (heißt Landstraße) gen Meck-Pom zuckelte, machte sich auch durchaus vorsichtiger
Optimismus breit - ihr wisst ja, wie das ist :-).
In Rostock wurde dann wie geplant der Bus am Bahnhof abgeparkt, wo auch schon
entsprechende Shuttle-Transferbusse warteten und auch ein recht stattlicher Polizeifuhrpark
abgestellt war. Soweit so normal, eine gewisse Grundbrisanz bei dem heutigen Duell zu
leugnen, wäre sicher auch vermessen. Also rein in die Busse und gewartet - und gewartet,
und gewartet .. Dummer Weise hatte der Einsatzplaner der Polizei nicht bedacht, dass man
vielleicht auch ein paar Autofahrer gen Stadion kutschieren müsste und so stand man halt rum und sollte auf den eintreffenden Sonderzug warten - was aber natürlich nur bedingt im Interesse des geneigten Fan mit Auswärtsserie war. Denn zwar kündigte das Brummen eines
Hubschraubers das Eintreffen des Zuges an, doch durch eine - sagen wir mal "betriebsbedingte Störung" (man könnte auch sagen, "Notbremse ziehen"..) - stoppte
der Zug kurz vor dem Bahnhof. Nervosität also sowohl bei Fans wie Polizei, denn wildeste
Gerüchte machten die Runde, auch wenn an einem Rostocker Angriff definitiv nichts dran
war. Der Bahnhof wurde in jedem Fall nun erstmal zur Festung erklärt, keiner durfte mehr
rein oder raus (normale Passagiere inbegriffen) und während sich mancher im Dialog mit
den Einsatzkräften versuchte, freute ich mich über das Eintreffen von Society-Robert, der
zur Freude des Tages eine Runde Flaschenbier aus dem Bahnhofskiosk spendierte - merci!
Irgendwann trudelte der Sonderzug dann auch endlich im Bahnhof ein, was man spätestens
durch das Wachablösen in den Polizeireihen bemerkte, da wurde aus dem noch human
wirkenden "Team Green" nämlich blitzschnell "Team Black", wobei mir das englische Wort
für "vermummt" noch fehlt. Ohne jetzt konkret Bezug zum heutigen Tag zu finden, aber wieso müssen sich manche dieser Jungs denn dauerhaft vermummen? Das wirkt weder deeskalierend, noch ist es meiner Meinung nach mit dem Grundgesetz und dem Vermummungsverbot komform. Aber gut, entsprechende Kommentare wurden entsprechend sofort geäußert und
weil man dann doch mal schaun wollte, ob die Vermummung einen konkreten Hintergrund
hatte, folgte man der Schlechte-Laune-Gesellschaft gleich mal mit in den Bahnhof. Dort bot sich dann ein eher unerwartetes Bild, denn meine Freunde in schwarz hatten mal eben eine
mobile Grenze zwischen Zugfahrer und normaler Welt errichtet, welche jeder Sonderzuginsasse nur nach Abfilmen und damit verbundener Personalienfeststellung und
Durchsuchung passieren durfte. Ein Unterfangen, was angesichts der Vorfälle zuvor wohl zumindest begründbar ist, in der Praxis aber einfach nicht umzusetzen war und entsprechend scheitern musste. So kurz vor Anpfiff hatte kaum jemand Lust und Verständnis
für derartige Aktionen und so wurde halt wie erwartet von unten gedrückt, während oben
neuernannten Grenzer ihre Schranken dichthalten wollten. Eine Schranke hatten sie aber
natürlich nicht dabei und somit machte es irgendwann bumm und die Grenze war schon
wieder passé, wobei man nur von Glück reden kann, dass sich dabei niemand verletzte oder
erdrückt wurde, Duisburg lässt grüßen.. Offizielle fünf Festnahme hatte die Aktion wohl
dennoch gekostet, man selbst hatte in jedem Fall genug gesehen und weil tatsächlich
langsam ein erster Bus losfahren wollte, hieß es schnell einsteigen und losfahren, das Spiel
wollte schließlich nicht warten.
Gut zehn Minuten vor Anpfiff wurde das Stadion dann auch erreicht und nachdem man bei
der nächsten Skimaskentruppe die Standarte abgenommen hatte, konnte das Stadion
nach eher laschen Kontrollen betreten werden - nunmehr keine zehn Minuten vor den Anpfiff.
Da aber wie eingangs erwähnt die meisten Braunschweiger den Sonderzug als Transportmittel auserkoren hatten, bot sich im Gästeblock nunmehr ein Trauerbild, denn
keine 100 Fans hatten bisher den Weg in den Sektor gefunden. Das änderte sich dann auch
bis zum Anpfiff nur bedingt und so koordinierte Thilo den Support nach Mühen, ehe der Zug unter der
Führung von Cattiva nach einer guten halben Stunde Spielzeit den Block betrat. Verpasst
hatten sie dabei auf dem Feld aber nur wenig und auch auf den Rängen hatte es bis auf
die Standard-Schalparade bei Rostock nichts Optisches gegeben. Dafür glänzten die
Jungs, deren aktive Szene um die Suptras sogar noch näher an den Gästebereich
gerutscht ist, mit der erwarteten brachialen Lautstärke, Hansa ist schon definitiv eine Topadresse in der gesamten Republik! Davon hatten sich unsere Jungs auf dem Feld
wohl doch ein wenig beeinflussen lassen (ich rede schon wie die BZ..), in jedem Fall gelang
in der ersten Halbzeit nicht viel und man konnte im Gegenteil sogar froh sein, noch nicht in
Rückstand geraten zu sein. Wohl um der Mannschaft dann doch etwas "Feuer unter'm Hintern zu machen", oder "die zündene Idee zu geben" (mein Deutsch Leistungskurs hat sich echt gelohnt.. :-)), leuchtete es daher kurz vor dem Pausenpfiff im Gästebereich doch auf einmal
etwas bunter auf, als die sonst fast durchweg in schwarz gekleidete Masse kurzzeitig unter
einem rot-weißen Pyromantel verschwand. Dass dabei Böller gezündet worden, die leider
auch einen weiblichen Fan verletzten, geht natürlich gar nicht, optisch gab die unerwarte Aktion aber dennoch ein schönes Bild ab. Das befand auch Schiri Winkmann ("ich schmeiß den Slomka raus"), der sich das Spektakel
auch mal in Ruhe ansehen wollte und durch seine Spielunterbrechung allen die Chance
gab, ihre Blicke in Richtung Gästesektor zu lenken. Mit Ausnahme der Gutmenschen vom
live übertragenden NDR tat das dann auch jeder und wurde so auch Zeuge, als eine Rostocker Sternschnuppe als Dankeschön den Weg in den Gästebereich fand, merci
auch dafür! Getroffen wurde zum Glück keiner, durch die strategisch günstige Aufhängung
des Alte Kameraden-Banners war das aber auch nicht so einfach. Dürfte übrigens das erste
(wissentliche) Mal gewesen sein, dass ich die Fahne im Stadion gesehen habe - wiegesagt,
heute war schon ein Highlight.
In der Halbzeit wurde sich dann natürlich reichlich über die bisherigen Ereignisse ausgetauscht, insbesondere der kleine Teamchef war aufgrund seiner Personalisierung
natürlich "restlos bedient". Bei der ganzen Aufregung verpasst man dann auch um ein Haar
die so auch nicht erwartete Eintracht-Führung: Wie schon zuletzt tankte sich Bellarabi
in seiner typischen Art auf den Flügeln durch, brachte die Flanke perfekt herein und Kumbela
musste nur einköpfen. Das ganze gut drei Minuten nach Wiederanpfiff, völlige Ekstase war
die logische Konsequenz. Cattiva untermalte das dann noch mit der verspäteten Choreo,
die aus einigen hübschen Fähnchen in den Vereins- und Stadtfarben, sowie einem gleichgestalteten Spruchband "Alles für BS" in Anlehung an Braunschweig und Basel bestand. Sehr hübsches Gesamtbild in jedem Fall und auch Ralfi bekam zur Beruhigung
eine Fahne in die Hand gedrückt :-).
Dummer Weise sollte die Choreo dann auch das letzte positive Highlight bleiben, denn
die Rostocker Mannschaft scheinte keinesfalls beeindruckt und spielte weiter gnadenlos
nach vorne und erreichte somit zwangsläufig Fehler in der blau-gelben Defensive. Ein
solcher passierte dann auch ausgerechnet dem bisher so starken Petkovic, der sich beim
Rauskommen etwas dusselig anstellte und einen Elfmeter der Marke "muss man nicht geben,
man darf sich aber wenn auch nicht beschweren" provozierte. Der wurde dann natürlich
auch verwandelt und damit war klar, dass es die letzten Minuten lang eine ganz enge Kiste
werden sollte und entsprechend laut war dann auch der heute wirklich gute Auswärtssupport. 90 Minuten lang hatte man die Gastgeber dann auch zumindest auf das
Remis festgenagelt, ehe in der sprichwörtlich letzten Sekunde erst Reichel den Ball nicht
wegbekam und Schryba doch noch das 2:1 erzielte - wie genau kann ich ehrlich gesagt
gar nicht mehr wiedergeben, denn mit einem Tor zu diesem Zeitpunkt hatte dann doch keiner mehr wirklich gerechnet. Absolut bitter und das totale Worst-Case-Szenario, Totenstille
nun im Gästeblock und irgendwie leichte Verzweifelung. Ändern konnte man es aber
natürlich nicht, Winkmann pfiff gar nicht mehr an und man durfte mit leeren Händen wieder
zurück in Richtung Shuttlebusse gehen. Das tat man dann, nachdem man die Fassung
so halbwegs wiedergefunden hatte, auch so schnell wie möglich und nachdem das Nadelöhr
am Gästeblock (eine offene Tür ist ein bisschen wenig..) passiert wurde, erreichte man sogar im erst möglichen Bus wieder den Parkplatz vor dem Hauptbahnhof. Hier musste
sich nochmal abschließend mit der Polizei gezankt werden, die in ihrem Masterplan für
die Rückfahrt natürlich nicht bedacht hatten, dass Bus- und Autofahrer nicht
in Richtung Zug, sondern zum Parkplatz wollen. Man setzte sich also kurzer Hand ab und wurde zum Dank bis zum
Einstieg in den Bus mit einer Kamera begleitet, wobei die Aufnahmen wirklich phänomenal
geworden sein müssen: "Zielpersonen eins bis vier trinken ein Bier", "Zielperson fünf beschwert sich über
einen gewissen Ken Reichel", "Zielperson sechs hat gerülpst" - wenn ich mir von der Guntherstraße
was zu Weihnachten wünschen dürfte, dann bitte eine Kopie von diesen Aufnahmen :-).
Wenigstens wurden wir auch dieses Mal nicht personalisiert und durften im Gegensatz zu
den Zugfahrern auch unsere Getränkevorräte behalten und konnten die Rückfahrt somit
nach bekanntem Schema absolvieren. Um es mit Clemens zu sagen: "Aber für Koblenz, da
hab ich ein gutes Gefühl" - und das nicht nur, weil der gute Rossi den Bus zu später Stunde
für sage und schreibe 67 Euro wieder volltankte :-).
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