TITELBLATT | AUTOR | INHALTSVERZEICHNIS | KLAPPTEXT | VOM SELBEN THEMA

„Red Bull: Ohne Tor und ohne Bus“

 

Eintracht Braunschweig II 0:0 (0:0) RasenBallsport Leipzig
20.08.2010, 19.00 Uhr, EINTRACHT-Stadion (Braunschcweig), 1.665 Zuschauer

Kaum ein Verein dürfte in ganz Fußballdeutschland so viel Verachtung zu Teil werden, wie dem neugeschaffenen "RasenBallsport Leipzig". Denn Rasenball ist keinesfalls eine neue Sportart, sondern vielmehr eine billige Umschreibung für Red Bull, also jenes österreicher Unternehmen, das mit seinem überteuerten Energygesöff jährlich Millionen von Euros einnimmt und diese seit ein paar Jahren auch in den Fußball steckt. Das wäre ja nicht weiter verwerflich, würde Red Bull dabei nicht wie ein Trampeltier loslegen und Vereine schlichtweg aufkaufen, die Fans und die Tradition dabei wie ein Stück Dreck behandeln und nach Vollendung der Gehirnwäsche ein schönes Mainstreampublikum heranzüchten. Das zahlt dann brav seine 25 Euro für den Sitzplatz, klatscht eifrig zur Discomusik aus den Boxen und geilt sich daran auf, dass seine zusammengekaufte Söldnertruppe mal wieder ein Spiel gegen seriös wirtschaftenden Vereine gewonnen hat. Das krasse Exempel aus Salzburg habe ich ja unlängst am eigenen Leibe erfahren dürfen und nun rollt die Bullen-Walze auch in Richtung Deutschland. Der SSV Markranstädt aus Sachsen wurde mal eben um sein Spielrecht erleichtert und unter dem besagten Decknamen "RB Leipzig" wird jetzt mobil gemacht, "Red Bull Leipzig" darf sich der Verein der 50+1 Regel sei Dank (noch) nicht nennen. Und als hätte der Spielplangott es gewollt, das erste Heimspiel unsere U23 in der Regionalliga Nord sollte also genau gegen dieses ebenfalls aufgestiegene Geld-Gebilde stattfinden und entsprechend aufgeregt verlief es dann auch.

Bereits in der Nacht vor dem Spiel wurde der Mannschaftsbus der Leipziger von Braunschweiger Aktivisten um ein wenig Luft in den Reifen erleichtert und gleichzeitig mit Farbe zugekleistert. Ich bin ganz ehrlich: Auch wenn man selbst in Dresden Leidtragender einer solchen Aktion war, hier traf es wirklich keinen Falschen! Entsprechend positiv fielen dann auch die Reaktionen aus, die man am Spieltag im Internet lesen konnte, von Hannoi bis Leipzig wurde in den verschiedenen Fanforen gratuliert, während die Jünger von Red Bull noch nachdachten, ob vielleicht Magdeburger hinter der Tat stecken würden...

Gegen 17 Uhr machte man sich dann zum Stadion auf, welches über die freien Autobahnen auch problemlos erreicht wurde. Bereits beim Fahren auf der Hamburger Straße merkte man schon, dass von der "Rheingoldarena-Nostalgie" der letzten Jahre heute wenig über bleiben sollte, Ordner am Haupteingang, Fans an der Shelltankstelle und Ü-Wagen vor der Geschäftsstelle - willkommen in Liga vier! Die restliche Zeit bis zum Anpfiff verbrachte man mal hier und mal da und begegnete dabei unter anderm Lars Fuchs. Der wurde aber so gut es ging ignoriert - man trifft sich ja noch in diesem Jahr ;-). Interessantere Meetings kamen stattdessen Basti (mit Michael Kölmel) und dem BSer (mit Erkenbrecher - in der Straßenbahn...) zu Teil, hohe Prominenz hatte sich heute also zum Heimauftakt angekündigt. Und siehe da, nachdem die Haupttribüne noch kurz vor Anpfiff große Lücken aufwies, konnten am Ende stolze 1.665 Zuschauer durch Neu-Stadionsprecher Lindstedt ;-) vermeldet werden, eine absolut akzeptabele Zahl für das Spiel eine zweiten Mannschaft. Das sah dann sogar der mdr-Liveticker so, der einen vermutlichen Rekordwert für die Regionalligen ausgemacht haben wollte. Naja ganz soweit waren wir dann doch nicht, aber die Stimmung war in jedem Fall da. Leider ebenfalls da waren auch knapp fünfzig Anhänger aus Leipzig - traurig, dass es tatsächlich Leute gibt, die da "nicht nur mal zum Gucken hinfahren", sondern den Verein mittlerweile wirklich als selbsternannte Fans begleiten. Wenigstens waren wussten sie um ihre Rolle und so hörte man gleich mehrfach den "Keiner mag uns"-Gesang aus Block 19, verbunden mit einer Tröte und dem ja schon fast verfassungsfeindlichen Banner "Rote Bullen braucht das Land".. wie verstrahlt kann man eigentlich sein?

Cattiva hatte sich auf das Spiel auch entsprechend eingestellt und sich geschlossen im oberen Teil des Block zwei positioniert. Dort gab es zum Intro dann auch gleich mehrere "Anti RB"-Schals, Marc Arnolds Entschuldigungsrede wegen des Busses wurde von den meisten Zuschauer eher "überhört" ;-). Die Stimmung war ansonsten ganz okey, Cattiva sang konsequent durch, während der Rest der Tribüne eher Startschwierigkeiten hatte. Es fehlt noch eine bessere Koordination, der B-Platzpöbel sitzt und steht versprengt und sitzt man in Block vier, ist Cattiva auch nur schwer zu verstehen. Aber gut, heute ist ja auch erst der zweite Spieltag, das wird schon noch. :-)

Auf dem Spielfeld waren die Rollen ja um ehrlich zu sein im Vorfeld klar verteilt: Rasenball brachte mit namentlich mit Neuhaus (ehemals Fürth), Kläsener (Schalke 04), Rost (Energie Cottbus), Sebastian (Rostock), Kammlott (Erfurt), Ismaili (Stuttgart II), Müller (Augsburg), Frommer (Osnabrück), Geißler (Aue), Lewerenz (Hamburg II) und Baier (Offenbach) eine mindestens drittliga-taugliche Mannschaft auf's Feld und leistete sich sogar den Luxus, den ex-Nationalspieler Hertzsch und den letztjährigen Regionalliga-Torschützenkönig Frahn auf der Bank zu lassen. Dort nahm auch der ehemalige Braunschweiger Bick platz, der Seelenverkäufer sollte später unter Pfeifkonzert aber eingewechselt werden. Demgegenüber stand unsere neuformierte zweite Mannschaft, heute "unterstützt" durch die Profis Davari, Theuerkauf, Washausen und Neuzugang Amrhein. Der sollte aber weitgehend mit Theatralik auffallen, statt mit guten Pässen zu glänzen.

Eigentlich erwartete man also von Minute eins an einen Sturmlauf von Red Bull, doch tatsächlich wurde es genau umgekehrt. Eintracht spielte neunzig Minuten Powerplay, kämpfte absolut am Limit und ließ Red Bull kaum Luft zum Atmen. Den Gästen fiel daher bis auf sinnlose Querpässe recht wenig ein, während Latowski und Kluk die U23 bereits zur Pause in Führung hätten bringen müssen! Und auch nach dem Seitenwechsel wurde Leipzig nur bedingt stärker und das auch nur, weil die Kräfte der Benbennek-Elf langsam schwächer wurden. Einem Zufallslattentreffer der Bullen standen einen freistehender Kopfball von Kluk und ein Sololauf von Latwoski gegenüber, so dass Rasenball noch froh sein durfte, am Ende nicht als Verlierer vom Platz zu gehen. Entsprechend euphorisiert wurden die letzten Spielminuten dann auch beklatscht und gefeiert (O-Ton Jan B. zu einem beliebigen RB-Spieler: "Ihr verkauft ja auch eure Kinder für Geld!" :-)), einen besseren Auftakt hätte man sich wohl kaum wünschen können! Fußballleidenschaft hat sich zumindest heute gegen Geld und Söldnertum durchgesetzt und die Arroganz der Leipziger Mannschaft (und der Verantwortlichen) wurde zu recht bestraft. Danke für diesen tollen Auftritt, das macht Lust auf mehr und mit dem Ohrwurm "Ama-ama-amateure" zu Culture Clubs "Karma Chameloen" im Kopf ging's zurück gen Mastbruch :-).

EIN SPIEL VORBLÄTTERN | ZURÜCK ZUM INHALT | EIN SPIEL ZURÜCKBLÄTTERN
-> Hier könnte (Schleich-)Werbung von Wolters stehen! ;-) <-